Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.Wüste. Wo ist die Dithyrambenspra- Aber wenn wir ihn alsdenn blos als eine be- X 3
Wuͤſte. Wo iſt die Dithyrambenſpra- Aber wenn wir ihn alsdenn blos als eine be- X 3
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Wuͤſte. Wo iſt die Dithyrambenſpra-
che? Die unſre iſt viel zu Philoſophiſch alt-
klug, zu eingeſchraͤnkt unter Geſezze, und zu
abgemeſſen, als daß ſie jene neue, unregel-
maͤßige, vielſagende Sprache wagen koͤnnte.
Wo die Dithyrambiſchen Sylbenmaaße? da
unſre Sprache und alle neuere ſelbſt zum He-
xameter, noch minder zu den Sylbenmaaßen
des Pindars und der Choͤre vieltrittig gnug
iſt, und gegen Griechifche Dithyramben voͤl-
lig ungelenkig laſſen muͤſte. Wo ſind denn
bei uns die Taͤnze, die trunknen Bacchus-
ſpruͤnge, an Frendenfeſten? Der Dithyrambe
gehoͤrte ja ſo wohl zur Mimiſchen als Lyriſchen
Poeſie: und wie koͤnnten wir ihn alſo nach-
machen, da wir die hohe Tanzkunſt der Alten
nicht haben, nicht kennen, und ſo gar ſelbſt
bei allen Nachrichten der Alten, nicht durch-
gehends begreifen koͤnnen — Und von
ihr bekam er doch Geiſt und Leben.
Aber wenn wir ihn alsdenn blos als eine
Sache der Nachahmung betrachteten, bei
der wir zwar nicht eben die Urſache, Zwecke,
und Huͤlfsmittel des Originals haͤtten, aber
doch eine neue, eine beſſere Art der Gedichte
be-
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