Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.Daher legten sich auch, nach der wahr- Sollen wir also die Dithyramben zurück- zum X 2
Daher legten ſich auch, nach der wahr- Sollen wir alſo die Dithyramben zuruͤck- zum X 2
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Daher legten ſich auch, nach der wahr-
ſcheinlichſten Lesart im Cicero, die Roͤmer
weit minder (minus) auf die Dithyramben;
bei denen der Atys des Catulls nur ein weit-
laͤuftiger Verwandte der Dithyrambenkuͤhn-
heit iſt. Der Himmel der Roͤmer war nicht
eigentlich mehr fuͤr dieſe Dichtungsart: ihre
Religion war geiſtiger und Politiſcher: ihr
Bacchus lange nicht der maͤchtige Koͤnig der
Griechen: ja ſelbſt ihre kaͤltere Adern fuͤhlten
nicht mehr ſo ſtark den Blizſtral des Weins:
ſie ließen alſo die Reſte der Dithyramben un-
tergehen. Ariſtoteles beſtaͤtigt meine ganze
Hypotheſe, durch die wenigen Worte, die er
in ſeiner Dichtkunſt vom Dithyramben ein-
miſcht, in deſſen Stelle die Tragoͤdien getre-
ten ſeyn ſollen.
Sollen wir alſo die Dithyramben zuruͤck-
finden? Erſt beantworte man die kleine Fra-
ge: Koͤnnten wir denn Dithyramben machen,
wenn wir die Griechiſchen noch haͤtten?
Von dieſer Kleinigkeit haͤngt, wie ich glaube,
alles ab; und ein Kenner der Griechen wuͤr-
de daruͤber den Kopf noch ziemlich ſchuͤtteln.
Wo iſt bei uns eine Religion, die Bacchus
zum
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