Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

"selbst auf den Weg zu bringen, und was ich
"denke, zu sagen."

Jch bin nichts minder, als der Verfasser
oder der Vertheidiger der Dithyramben; ich
habe selbst mehr wider sie, als die Litteratur-
briefe, aber wie ich hoffe, aus andern Grün-
den, und mit weniger Schulton. Ohnmög-
lich kann diese Beurtheilung von einem Ver-
fasser der Litteraturbriefe seyn; vermuthlich
ist sie eingeschickt; weil ihr Ton gewiß zu
merklich abweicht. -- Aber gnug! meine
Parenthese ist zu Ende.) Können wir Di-
thyramben machen, Griechische Dithyram-
ben im Deutschen machen? Originaldithyram-
den machen?

Woher mag der Dithyrambe bei den Grie-
chen entstanden seyn? Darf ich eine Hypo-
these versuchen? -- Hypothesen muß man
versuchen, wo man keine Nachrichten hat:
wäre Demosthenes peri dithurabopoion,
oder Aristotels größter Theil der Dichtkunst
nicht verloren, so würden wir wissen, statt
zu rathen.

Ein

„ſelbſt auf den Weg zu bringen, und was ich
„denke, zu ſagen.„

Jch bin nichts minder, als der Verfaſſer
oder der Vertheidiger der Dithyramben; ich
habe ſelbſt mehr wider ſie, als die Litteratur-
briefe, aber wie ich hoffe, aus andern Gruͤn-
den, und mit weniger Schulton. Ohnmoͤg-
lich kann dieſe Beurtheilung von einem Ver-
faſſer der Litteraturbriefe ſeyn; vermuthlich
iſt ſie eingeſchickt; weil ihr Ton gewiß zu
merklich abweicht. — Aber gnug! meine
Parentheſe iſt zu Ende.) Koͤnnen wir Di-
thyramben machen, Griechiſche Dithyram-
ben im Deutſchen machen? Originaldithyram-
den machen?

Woher mag der Dithyrambe bei den Grie-
chen entſtanden ſeyn? Darf ich eine Hypo-
theſe verſuchen? — Hypotheſen muß man
verſuchen, wo man keine Nachrichten hat:
waͤre Demoſthenes περι διϑυραβοποιων,
oder Ariſtotels groͤßter Theil der Dichtkunſt
nicht verloren, ſo wuͤrden wir wiſſen, ſtatt
zu rathen.

Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0134" n="302"/>
&#x201E;&#x017F;elb&#x017F;t auf den Weg zu bringen, und was ich<lb/>
&#x201E;denke, zu &#x017F;agen.&#x201E;</p><lb/>
          <p>Jch bin nichts minder, als der Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
oder der Vertheidiger der Dithyramben; ich<lb/>
habe &#x017F;elb&#x017F;t mehr wider &#x017F;ie, als die Litteratur-<lb/>
briefe, aber wie ich hoffe, aus andern Gru&#x0364;n-<lb/>
den, und mit weniger Schulton. Ohnmo&#x0364;g-<lb/>
lich kann die&#x017F;e Beurtheilung von einem Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;er der Litteraturbriefe &#x017F;eyn; vermuthlich<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ie einge&#x017F;chickt; weil ihr Ton gewiß zu<lb/>
merklich abweicht. &#x2014; Aber gnug! meine<lb/>
Parenthe&#x017F;e i&#x017F;t zu Ende.) Ko&#x0364;nnen wir Di-<lb/>
thyramben machen, Griechi&#x017F;che Dithyram-<lb/>
ben im Deut&#x017F;chen machen? Originaldithyram-<lb/>
den machen?</p><lb/>
          <p>Woher mag der Dithyrambe bei den Grie-<lb/>
chen ent&#x017F;tanden &#x017F;eyn? Darf ich eine Hypo-<lb/>
the&#x017F;e ver&#x017F;uchen? &#x2014; Hypothe&#x017F;en muß man<lb/>
ver&#x017F;uchen, wo man keine Nachrichten hat:<lb/>
wa&#x0364;re <hi rendition="#fr">Demo&#x017F;thenes</hi> &#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x03B9; &#x03B4;&#x03B9;&#x03D1;&#x03C5;&#x03C1;&#x03B1;&#x03B2;&#x03BF;&#x03C0;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C9;&#x03BD;,<lb/>
oder <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;totels</hi> gro&#x0364;ßter Theil der Dichtkun&#x017F;t<lb/>
nicht verloren, &#x017F;o wu&#x0364;rden wir wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;tatt<lb/>
zu rathen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0134] „ſelbſt auf den Weg zu bringen, und was ich „denke, zu ſagen.„ Jch bin nichts minder, als der Verfaſſer oder der Vertheidiger der Dithyramben; ich habe ſelbſt mehr wider ſie, als die Litteratur- briefe, aber wie ich hoffe, aus andern Gruͤn- den, und mit weniger Schulton. Ohnmoͤg- lich kann dieſe Beurtheilung von einem Ver- faſſer der Litteraturbriefe ſeyn; vermuthlich iſt ſie eingeſchickt; weil ihr Ton gewiß zu merklich abweicht. — Aber gnug! meine Parentheſe iſt zu Ende.) Koͤnnen wir Di- thyramben machen, Griechiſche Dithyram- ben im Deutſchen machen? Originaldithyram- den machen? Woher mag der Dithyrambe bei den Grie- chen entſtanden ſeyn? Darf ich eine Hypo- theſe verſuchen? — Hypotheſen muß man verſuchen, wo man keine Nachrichten hat: waͤre Demoſthenes περι διϑυραβοποιων, oder Ariſtotels groͤßter Theil der Dichtkunſt nicht verloren, ſo wuͤrden wir wiſſen, ſtatt zu rathen. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/134
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/134>, abgerufen am 12.12.2024.