Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.tion, das an den Gesang gewöhnte Ohr, Was sollen wir denn aus dieser Zeit nach- Nach E 3
tion, das an den Geſang gewoͤhnte Ohr, Was ſollen wir denn aus dieſer Zeit nach- Nach E 3
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tion, das an den Geſang gewoͤhnte Ohr,
die vieltrittige Sprache; bei uns verbeut
ihn, Sprache und Ohr und Deklamation.
Was ſollen wir denn aus dieſer Zeit nach-
ahmen? Die Lenkung des Perioden? Auch
nicht! Homer ſang und wurde ſpaͤt geſamm-
let! Die Tragoͤdien des Aeſchylus und So-
phokles wurden, wie die Alten gemeinſchaft-
lich bezeugen, auf der Buͤhne durchaus ab-
geſungen. Die Sprache ſtuͤzzte ſich alſo damals
maͤchtig auf eine Deklamation, die fuͤr uns
ganz ausgeſtorben iſt, und die ihr damals
Geiſt und Leben gab. — Mit dieſer Deklama-
tion verlieren wir alſo auch den Gebrauch vieler
Partikeln, Verbindungen, und Fuͤllwoͤrter, die
zur damaligen Deklamation gehoͤren. Das
Αλλ οταν, womit jedesmal die Orakel an-
fiengen, das αλλα, δε und αυταρ des Ho-
mers, womit er die Glieder ſeiner Perioden
verbindet, wuͤrden, da wir an Proſaiſche Perio-
den gewoͤhnt ſind, ſehr wunderlich in der Ueber-
ſezzung klingen; eben ſo laͤcherlich, als wenn
der ehrliche blinde Saͤnger aufſtuͤnde, uns
ſeine 24 Buchſtaben vorzuſingen.
Nach
E 3
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