Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.Man pantomimisirte, und nahm Körper und Ge- Das Kind erhob sich zum Jünglinge: die Und dieses jugendliche Sprachalter, war de.
Man pantomimiſirte, und nahm Koͤrper und Ge- Das Kind erhob ſich zum Juͤnglinge: die Und dieſes jugendliche Sprachalter, war de.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="30"/> Man pantomimiſirte, und nahm Koͤrper und Ge-<lb/> berden zu Huͤlfe: damals war die Sprache in ih-<lb/> ren Verbindungen noch ſehr ungeordnet und<lb/> unregelmaͤßig in ihren Formen.</p><lb/> <p>Das Kind erhob ſich zum Juͤnglinge: die<lb/> Wildheit ſenkte ſich zur politiſchen Ruhe: die Le-<lb/> bens- und Denkart legte ihr rauſchendes Feuer<lb/> ab: der Geſang der Sprache floß lieblich von<lb/> der Zunge herunter, wie dem Neſtor des Ho-<lb/> mers, und ſaͤuſelte in die Ohren. Man nahm<lb/> Begriffe, die nicht ſinnlich waren, in die Spra-<lb/> che; man nannte ſie aber, wie von ſelbſt zu<lb/> vermuthen iſt, mit bekannten ſinnlichen Namen;<lb/> daher muͤſſen die erſten Sprachen bildervoll,<lb/> und reich an Metaphern geweſen ſeyn.</p><lb/> <p>Und dieſes jugendliche Sprachalter, war<lb/> blos das <hi rendition="#fr">Poetiſche:</hi> man ſang im gemeinen<lb/> Leben, und der Dichter <hi rendition="#fr">erhoͤhete</hi> nur <hi rendition="#fr">ſeine<lb/> Accente</hi> in einem fuͤr das Ohr gewaͤhlten<lb/> Rhythmus: die Sprache war ſinnlich, und<lb/> reich an kuͤhnen Bildern: ſie war noch ein<lb/> Ausdruck der Leidenſchaft, ſie war noch in<lb/> den Verbindungen ungefeſſelt: der Periode<lb/> fiel aus einander, wie er wollte — Seht! das<lb/> iſt die Poetiſche Sprache, der Poetiſche Perio-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">de.</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0034]
Man pantomimiſirte, und nahm Koͤrper und Ge-
berden zu Huͤlfe: damals war die Sprache in ih-
ren Verbindungen noch ſehr ungeordnet und
unregelmaͤßig in ihren Formen.
Das Kind erhob ſich zum Juͤnglinge: die
Wildheit ſenkte ſich zur politiſchen Ruhe: die Le-
bens- und Denkart legte ihr rauſchendes Feuer
ab: der Geſang der Sprache floß lieblich von
der Zunge herunter, wie dem Neſtor des Ho-
mers, und ſaͤuſelte in die Ohren. Man nahm
Begriffe, die nicht ſinnlich waren, in die Spra-
che; man nannte ſie aber, wie von ſelbſt zu
vermuthen iſt, mit bekannten ſinnlichen Namen;
daher muͤſſen die erſten Sprachen bildervoll,
und reich an Metaphern geweſen ſeyn.
Und dieſes jugendliche Sprachalter, war
blos das Poetiſche: man ſang im gemeinen
Leben, und der Dichter erhoͤhete nur ſeine
Accente in einem fuͤr das Ohr gewaͤhlten
Rhythmus: die Sprache war ſinnlich, und
reich an kuͤhnen Bildern: ſie war noch ein
Ausdruck der Leidenſchaft, ſie war noch in
den Verbindungen ungefeſſelt: der Periode
fiel aus einander, wie er wollte — Seht! das
iſt die Poetiſche Sprache, der Poetiſche Perio-
de.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |