Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.Sylbenmaas, an das sie nicht im Traume auch
Sylbenmaas, an das ſie nicht im Traume auch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="143"/> Sylbenmaas, an das ſie nicht im Traume<lb/> gedacht haben? Wie lange wird man <hi rendition="#fr">Popen</hi><lb/> in waͤſſerichter Proſe, und <hi rendition="#fr">Shakeſpear</hi> im<lb/> ungleichſten, faſt nie getroffenen Ton uͤberſez-<lb/> zen? Wie viel koͤnnten wir von den Britten<lb/> lernen, und wie wenig haben wir gelernt!<lb/> Jhr arbeitſamen Deutſchen! Ein Deutſcher<lb/><hi rendition="#fr">Johnſon</hi> fehlt uns noch, der das fuͤr die<lb/> Deutſche Sprache wage, was jener fuͤr<lb/> die ſeinige! Die Philoſophie, das Nach-<lb/> denken, das Sammlen iſt ja euer Theil, und<lb/> wir ſtehen den Britten auch in unſerm Eigen-<lb/> thume nach? Wird es bald ſeyn, daß ihr eure<lb/> Sprache durch Unterſuchungen „ihr Weltwei-<lb/> ſen! durch Sammlung und Critik, ihr Phi-<lb/> lologen! durch Meiſterſtuͤcke, ihr Genies! zu<lb/> derjenigen macht, die nach dem Plinius, „alten<lb/> „Sachen Neuheit; neuen das Anſehen des Al-<lb/> „terthums; verroſteten Glanz; dunkeln Licht;<lb/> „widerlichen Reiz; zweifelhaften Glaubwuͤr-<lb/> „digkeit; allen aber Natur„ verſchaffen kann.<lb/> Werden die Deutſchen bald aufhoͤren, durch<lb/> ihre langweilige Proſe, gegen die Franzoſen<lb/> ſolche gute Alte vorzuſtellen, als Terenzens<lb/><hi rendition="#fr">Chremes</hi> gegen ſeinen Darus? Werden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0147]
Sylbenmaas, an das ſie nicht im Traume
gedacht haben? Wie lange wird man Popen
in waͤſſerichter Proſe, und Shakeſpear im
ungleichſten, faſt nie getroffenen Ton uͤberſez-
zen? Wie viel koͤnnten wir von den Britten
lernen, und wie wenig haben wir gelernt!
Jhr arbeitſamen Deutſchen! Ein Deutſcher
Johnſon fehlt uns noch, der das fuͤr die
Deutſche Sprache wage, was jener fuͤr
die ſeinige! Die Philoſophie, das Nach-
denken, das Sammlen iſt ja euer Theil, und
wir ſtehen den Britten auch in unſerm Eigen-
thume nach? Wird es bald ſeyn, daß ihr eure
Sprache durch Unterſuchungen „ihr Weltwei-
ſen! durch Sammlung und Critik, ihr Phi-
lologen! durch Meiſterſtuͤcke, ihr Genies! zu
derjenigen macht, die nach dem Plinius, „alten
„Sachen Neuheit; neuen das Anſehen des Al-
„terthums; verroſteten Glanz; dunkeln Licht;
„widerlichen Reiz; zweifelhaften Glaubwuͤr-
„digkeit; allen aber Natur„ verſchaffen kann.
Werden die Deutſchen bald aufhoͤren, durch
ihre langweilige Proſe, gegen die Franzoſen
ſolche gute Alte vorzuſtellen, als Terenzens
Chremes gegen ſeinen Darus? Werden
auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |