Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

nig kennen: wenn Ebert den Poetischen
Perioden des Youngs mit allem seinem Ko-
lorit
in dies Sylbenmaas übertrüge -- Der
Kunstrichter schreibt vor: Genies, ihr müßt
die Regeln durch euer Exempel gültig machen!



16.

Jn dem Barbarischen unsrer Sprache, in den
Jnversionen, in den Sylbenmaaßen haben
wir nichts von den Franzosen zu lernen; wir
sind vor ihnen voraus; worinn denn?
in ihrer muntern Prose, und in ih-
ren kritischen Bemerkungen über die
Sprache.

Unsere witzige Prose hat, nach den meisten
Büchern zu rechnen, noch den Ton der alten
Wochenschriften, deutlich, und bis zum Gäh-
nen deutlich zu seyn. Weil unser Publikum
nicht vor gar zu langer Zeit entweder so blöd-
sichtig war, daß es blos einen Flecken sahe,
wo andere ein fein gezeichnetes Gemälde er-
blickten; so bequemten sich die Schriftsteller
nach dem Leser. Das Buch ward das beste,

was

nig kennen: wenn Ebert den Poetiſchen
Perioden des Youngs mit allem ſeinem Ko-
lorit
in dies Sylbenmaas uͤbertruͤge — Der
Kunſtrichter ſchreibt vor: Genies, ihr muͤßt
die Regeln durch euer Exempel guͤltig machen!



16.

Jn dem Barbariſchen unſrer Sprache, in den
Jnverſionen, in den Sylbenmaaßen haben
wir nichts von den Franzoſen zu lernen; wir
ſind vor ihnen voraus; worinn denn?
in ihrer muntern Proſe, und in ih-
ren kritiſchen Bemerkungen uͤber die
Sprache.

Unſere witzige Proſe hat, nach den meiſten
Buͤchern zu rechnen, noch den Ton der alten
Wochenſchriften, deutlich, und bis zum Gaͤh-
nen deutlich zu ſeyn. Weil unſer Publikum
nicht vor gar zu langer Zeit entweder ſo bloͤd-
ſichtig war, daß es blos einen Flecken ſahe,
wo andere ein fein gezeichnetes Gemaͤlde er-
blickten; ſo bequemten ſich die Schriftſteller
nach dem Leſer. Das Buch ward das beſte,

was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="132"/>
nig kennen: wenn <hi rendition="#fr">Ebert</hi> den <hi rendition="#fr">Poeti&#x017F;chen</hi><lb/>
Perioden des Youngs mit allem &#x017F;einem <hi rendition="#fr">Ko-<lb/>
lorit</hi> in dies Sylbenmaas u&#x0364;bertru&#x0364;ge &#x2014; Der<lb/>
Kun&#x017F;trichter &#x017F;chreibt vor: <hi rendition="#fr">Genies,</hi> ihr mu&#x0364;ßt<lb/>
die Regeln durch euer Exempel gu&#x0364;ltig machen!</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">16.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>n dem Barbari&#x017F;chen un&#x017F;rer Sprache, in den<lb/>
Jnver&#x017F;ionen, in den Sylbenmaaßen haben<lb/>
wir nichts von den Franzo&#x017F;en zu lernen; wir<lb/>
&#x017F;ind vor ihnen voraus; worinn denn?<lb/><hi rendition="#fr">in ihrer muntern Pro&#x017F;e,</hi> und in <hi rendition="#fr">ih-<lb/>
ren kriti&#x017F;chen Bemerkungen u&#x0364;ber die<lb/>
Sprache.</hi></p><lb/>
          <p>Un&#x017F;ere witzige Pro&#x017F;e hat, nach den mei&#x017F;ten<lb/>
Bu&#x0364;chern zu rechnen, noch den Ton der alten<lb/>
Wochen&#x017F;chriften, <hi rendition="#fr">deutlich,</hi> und bis zum Ga&#x0364;h-<lb/>
nen deutlich zu &#x017F;eyn. Weil un&#x017F;er Publikum<lb/>
nicht vor gar zu langer Zeit entweder &#x017F;o blo&#x0364;d-<lb/>
&#x017F;ichtig war, daß es blos einen Flecken &#x017F;ahe,<lb/>
wo andere ein fein gezeichnetes Gema&#x0364;lde er-<lb/>
blickten; &#x017F;o bequemten &#x017F;ich die Schrift&#x017F;teller<lb/>
nach dem Le&#x017F;er. Das Buch ward das be&#x017F;te,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0136] nig kennen: wenn Ebert den Poetiſchen Perioden des Youngs mit allem ſeinem Ko- lorit in dies Sylbenmaas uͤbertruͤge — Der Kunſtrichter ſchreibt vor: Genies, ihr muͤßt die Regeln durch euer Exempel guͤltig machen! 16. Jn dem Barbariſchen unſrer Sprache, in den Jnverſionen, in den Sylbenmaaßen haben wir nichts von den Franzoſen zu lernen; wir ſind vor ihnen voraus; worinn denn? in ihrer muntern Proſe, und in ih- ren kritiſchen Bemerkungen uͤber die Sprache. Unſere witzige Proſe hat, nach den meiſten Buͤchern zu rechnen, noch den Ton der alten Wochenſchriften, deutlich, und bis zum Gaͤh- nen deutlich zu ſeyn. Weil unſer Publikum nicht vor gar zu langer Zeit entweder ſo bloͤd- ſichtig war, daß es blos einen Flecken ſahe, wo andere ein fein gezeichnetes Gemaͤlde er- blickten; ſo bequemten ſich die Schriftſteller nach dem Leſer. Das Buch ward das beſte, was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/136
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/136>, abgerufen am 13.11.2024.