Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Wäldchen.
ihr Nationalcharakter werden. -- Welch eine neue,
und mehrere Bestimmtheit!

Addison besinnet sich nicht, auf Römischen
Münzen das Gesicht einer einzigen Privatperson
gesehen zu haben, und wendet sich artig darüber
weg, unsre neuern Privatcomplimente auf Mün-
zen anders als mit einem stillen Winke anzuspotten.
-- -- Doch was stille Winke! was doch sich
artig vorbeiwenden!
Hier eben a) fand unser
Landsmann von Geschmack recht Zeit, auszuschüt-
ten, und zu dehnen, und zu verspotten, und mit
einem Ueberguß der besten laune zu tadeln. Kein
Wunder! "wenn zwei Wandrer nach einer Stadt
"gehen: so ists natürlich, daß beide oft einerlei Ge-
"genstand wahrnehmen müssen, und es ist auch
"eben so wahr, daß der eine einen Blumenreichern
"und angenehmern Weg, als der andre nehmen
"kann" wie Hr. Kl. mit vieler Feinheit bemerket.

Addison kommt auf die Jnschriften; "eine
"Ciceronianische Weitläuftigkeit sei bei den heutigen
"der erste Fehler." Hr. Klotz kommt auf die Ju-
schriften b): "eine Ciceronianische Weitläuftigkeit
"ist bei den heutigen der erste Fehler." Wie aber,
mein deutscher Hr. Addison, und beim Nachschrei-
ben, beim trocknen Ausschreiben kein Fehler? bei

einem
a) [Spaltenumbruch] S. 96. 97. 98. etc.
b) [Spaltenumbruch] S. 85. u. f.
C 4

Drittes Waͤldchen.
ihr Nationalcharakter werden. — Welch eine neue,
und mehrere Beſtimmtheit!

Addiſon beſinnet ſich nicht, auf Roͤmiſchen
Muͤnzen das Geſicht einer einzigen Privatperſon
geſehen zu haben, und wendet ſich artig daruͤber
weg, unſre neuern Privatcomplimente auf Muͤn-
zen anders als mit einem ſtillen Winke anzuſpotten.
— — Doch was ſtille Winke! was doch ſich
artig vorbeiwenden!
Hier eben a) fand unſer
Landsmann von Geſchmack recht Zeit, auszuſchuͤt-
ten, und zu dehnen, und zu verſpotten, und mit
einem Ueberguß der beſten laune zu tadeln. Kein
Wunder! „wenn zwei Wandrer nach einer Stadt
„gehen: ſo iſts natuͤrlich, daß beide oft einerlei Ge-
„genſtand wahrnehmen muͤſſen, und es iſt auch
„eben ſo wahr, daß der eine einen Blumenreichern
„und angenehmern Weg, als der andre nehmen
„kann„ wie Hr. Kl. mit vieler Feinheit bemerket.

Addiſon kommt auf die Jnſchriften; „eine
„Ciceronianiſche Weitlaͤuftigkeit ſei bei den heutigen
„der erſte Fehler.„ Hr. Klotz kommt auf die Ju-
ſchriften b): „eine Ciceronianiſche Weitlaͤuftigkeit
„iſt bei den heutigen der erſte Fehler.„ Wie aber,
mein deutſcher Hr. Addiſon, und beim Nachſchrei-
ben, beim trocknen Ausſchreiben kein Fehler? bei

einem
a) [Spaltenumbruch] S. 96. 97. 98. ꝛc.
b) [Spaltenumbruch] S. 85. u. f.
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0045" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Wa&#x0364;ldchen.</hi></fw><lb/>
ihr Nationalcharakter werden. &#x2014; Welch eine neue,<lb/>
und mehrere Be&#x017F;timmtheit!</p><lb/>
          <p>Addi&#x017F;on be&#x017F;innet &#x017F;ich nicht, auf Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Mu&#x0364;nzen das Ge&#x017F;icht einer einzigen Privatper&#x017F;on<lb/>
ge&#x017F;ehen zu haben, und wendet &#x017F;ich artig daru&#x0364;ber<lb/>
weg, un&#x017F;re neuern Privatcomplimente auf Mu&#x0364;n-<lb/>
zen anders als mit einem &#x017F;tillen Winke anzu&#x017F;potten.<lb/>
&#x2014; &#x2014; Doch was <hi rendition="#fr">&#x017F;tille Winke!</hi> was doch <hi rendition="#fr">&#x017F;ich<lb/>
artig vorbeiwenden!</hi> Hier eben <note place="foot" n="a)"><cb/>
S. 96. 97. 98. &#xA75B;c.</note> fand un&#x017F;er<lb/>
Landsmann von Ge&#x017F;chmack recht Zeit, auszu&#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
ten, und zu dehnen, und zu ver&#x017F;potten, und mit<lb/>
einem Ueberguß der be&#x017F;ten laune zu tadeln. Kein<lb/>
Wunder! &#x201E;wenn zwei Wandrer nach einer Stadt<lb/>
&#x201E;gehen: &#x017F;o i&#x017F;ts natu&#x0364;rlich, daß beide oft einerlei Ge-<lb/>
&#x201E;gen&#x017F;tand wahrnehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und es i&#x017F;t auch<lb/>
&#x201E;eben &#x017F;o wahr, daß der eine einen Blumenreichern<lb/>
&#x201E;und angenehmern Weg, als der andre nehmen<lb/>
&#x201E;kann&#x201E; wie Hr. Kl. mit vieler Feinheit bemerket.</p><lb/>
          <p>Addi&#x017F;on kommt auf die Jn&#x017F;chriften; &#x201E;eine<lb/>
&#x201E;Ciceroniani&#x017F;che Weitla&#x0364;uftigkeit &#x017F;ei bei den heutigen<lb/>
&#x201E;der er&#x017F;te Fehler.&#x201E; Hr. Klotz kommt auf die Ju-<lb/>
&#x017F;chriften <note place="foot" n="b)"><cb/>
S. 85. u. f.</note>: &#x201E;eine Ciceroniani&#x017F;che Weitla&#x0364;uftigkeit<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t bei den heutigen der er&#x017F;te Fehler.&#x201E; Wie aber,<lb/>
mein deut&#x017F;cher Hr. Addi&#x017F;on, und beim Nach&#x017F;chrei-<lb/>
ben, beim trocknen Aus&#x017F;chreiben kein Fehler? bei<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><fw place="bottom" type="catch">einem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0045] Drittes Waͤldchen. ihr Nationalcharakter werden. — Welch eine neue, und mehrere Beſtimmtheit! Addiſon beſinnet ſich nicht, auf Roͤmiſchen Muͤnzen das Geſicht einer einzigen Privatperſon geſehen zu haben, und wendet ſich artig daruͤber weg, unſre neuern Privatcomplimente auf Muͤn- zen anders als mit einem ſtillen Winke anzuſpotten. — — Doch was ſtille Winke! was doch ſich artig vorbeiwenden! Hier eben a) fand unſer Landsmann von Geſchmack recht Zeit, auszuſchuͤt- ten, und zu dehnen, und zu verſpotten, und mit einem Ueberguß der beſten laune zu tadeln. Kein Wunder! „wenn zwei Wandrer nach einer Stadt „gehen: ſo iſts natuͤrlich, daß beide oft einerlei Ge- „genſtand wahrnehmen muͤſſen, und es iſt auch „eben ſo wahr, daß der eine einen Blumenreichern „und angenehmern Weg, als der andre nehmen „kann„ wie Hr. Kl. mit vieler Feinheit bemerket. Addiſon kommt auf die Jnſchriften; „eine „Ciceronianiſche Weitlaͤuftigkeit ſei bei den heutigen „der erſte Fehler.„ Hr. Klotz kommt auf die Ju- ſchriften b): „eine Ciceronianiſche Weitlaͤuftigkeit „iſt bei den heutigen der erſte Fehler.„ Wie aber, mein deutſcher Hr. Addiſon, und beim Nachſchrei- ben, beim trocknen Ausſchreiben kein Fehler? bei einem a) S. 96. 97. 98. ꝛc. b) S. 85. u. f. C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/45
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/45>, abgerufen am 24.11.2024.