Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Kritische Wälder. Der Pöbel der Münzverständigen freilich -- prie-
Kritiſche Waͤlder. Der Poͤbel der Muͤnzverſtaͤndigen freilich — prie-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0036" n="30"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi> </fw><lb/> <p>Der Poͤbel der Muͤnzverſtaͤndigen freilich —<lb/> aber wer wollte ſich (es ſei nun zu eignem Lobe,<lb/> oder zum Tadel anderer,) unter den Poͤbel mi-<lb/> ſchen? Die Nutzbaren, die Wuͤrdigen Muͤnzge-<lb/> lehrten gerechnet; und bei denen ſollte ihre Gelehr-<lb/> ſamkeit dem Geſchmacke widerſprechen muͤſſen?<lb/> dieſer von jener nicht oft eine Geſellinn, oft gar eine<lb/> verdeckte Minerva haben ſeyn doͤrfen, ſelbſt wenn<lb/> es auf wiſſenſchaftliche Unterſuchungen ausging?<lb/> — Nicht zweifeln ſoll einmal dieſe Frage; ſie ſoll<lb/> blos die Erinnerung wecken! Wie? alle die groſ-<lb/> ſen Bearbeitungen in den Feldern der Numisma-<lb/> tik, ohne Geſchmack der Muͤnzen bewerkſtelligt?<lb/> unter allen um dieſe Wiſſenſchaft ſo verdienten Na-<lb/> men, waͤre ein Addiſon, und Klotz das einige Duum-<lb/> virat des Geſchmacks? Jene Muͤnzenſammler und<lb/> Muͤnzenerklaͤrer, weil ſie nicht offenbar und allein<lb/> vom Geſchmacke ſchrieben; weil jener einen Theil<lb/> der Geſchichte, dieſer einen Theil der Alterthuͤmer,<lb/> ein andrer einzelne Stellen der Alten und ein vierter<lb/> die Chronologie aus Muͤnzen aufgeklaͤret; darum<lb/> ſollten ſie vom Geſchmacke nichts gewußt? nicht die<lb/> Schoͤnheit der Bilder, und das Bedeutende der<lb/> Allegorien, und die Weisheit der Jnſchriften ge-<lb/> fuͤhlt haben, an denen ſie eine ſo unerſaͤttliche Au-<lb/> genweide fanden? Nicht im Mechaniſchen der<lb/> Muͤnzen Geſchmack beſeſſen, dafuͤr ſie eben auch in<lb/> der Abbildung ſorgten, und das mit Entzuͤcken<lb/> <fw place="bottom" type="catch">prie-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0036]
Kritiſche Waͤlder.
Der Poͤbel der Muͤnzverſtaͤndigen freilich —
aber wer wollte ſich (es ſei nun zu eignem Lobe,
oder zum Tadel anderer,) unter den Poͤbel mi-
ſchen? Die Nutzbaren, die Wuͤrdigen Muͤnzge-
lehrten gerechnet; und bei denen ſollte ihre Gelehr-
ſamkeit dem Geſchmacke widerſprechen muͤſſen?
dieſer von jener nicht oft eine Geſellinn, oft gar eine
verdeckte Minerva haben ſeyn doͤrfen, ſelbſt wenn
es auf wiſſenſchaftliche Unterſuchungen ausging?
— Nicht zweifeln ſoll einmal dieſe Frage; ſie ſoll
blos die Erinnerung wecken! Wie? alle die groſ-
ſen Bearbeitungen in den Feldern der Numisma-
tik, ohne Geſchmack der Muͤnzen bewerkſtelligt?
unter allen um dieſe Wiſſenſchaft ſo verdienten Na-
men, waͤre ein Addiſon, und Klotz das einige Duum-
virat des Geſchmacks? Jene Muͤnzenſammler und
Muͤnzenerklaͤrer, weil ſie nicht offenbar und allein
vom Geſchmacke ſchrieben; weil jener einen Theil
der Geſchichte, dieſer einen Theil der Alterthuͤmer,
ein andrer einzelne Stellen der Alten und ein vierter
die Chronologie aus Muͤnzen aufgeklaͤret; darum
ſollten ſie vom Geſchmacke nichts gewußt? nicht die
Schoͤnheit der Bilder, und das Bedeutende der
Allegorien, und die Weisheit der Jnſchriften ge-
fuͤhlt haben, an denen ſie eine ſo unerſaͤttliche Au-
genweide fanden? Nicht im Mechaniſchen der
Muͤnzen Geſchmack beſeſſen, dafuͤr ſie eben auch in
der Abbildung ſorgten, und das mit Entzuͤcken
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