leo &c. Da ist ja wohl eine Liebe der an- dern werth.
Hr. Harles erzählt von seinem Helden, daß er an Genie und Gelehrsamkeit wenige seines gleichen habe, daß er im Griechisch und Latein den meisten überlegen, daß er ehrgeizig und jachzornig sey, daß er Geld und Titel verachte, selten traurig, unbe- ständig in Anschlägen und Meinungen, nicht lan- ge fortarbeiten könne, mehr seinem Kopfe, als seinem Fleiße, schuldig sey, sich allein höre, an- dre gern verspotte; gern etwas von der Malerei, auch gerne deutsche Bücher lese u. s. w. (warum nicht gar, daß er auch Deutsch könne?) das al- les Hr. Harles; Hr. Klotz hätte uns sagen sollen, ob das sein Bild sey?
Nun gehen die Lebensumstände an, wie in- den Personalien eines Verstorbnen: den Hrn. Hofmeister, der jetzt Prediger seyn soll, unver- gessen. Unvergessen, daß der Hr. Geh. Rath als Gymnasiast auch öfters in den Vorstädten von Görlitz gepredigt: unvergessen, daß er auch habe Herrnhuter werden wollen: unvergessen, daß er auch so gar einigemal in seiner Vaterstadt gepre- digt: -- -- Und ach! warum denn vergessen, wie sehr sich darüber vielleicht die lieben Seinigen
erfreuet!
Drittes Waͤldchen.
leo &c. Da iſt ja wohl eine Liebe der an- dern werth.
Hr. Harles erzaͤhlt von ſeinem Helden, daß er an Genie und Gelehrſamkeit wenige ſeines gleichen habe, daß er im Griechiſch und Latein den meiſten uͤberlegen, daß er ehrgeizig und jachzornig ſey, daß er Geld und Titel verachte, ſelten traurig, unbe- ſtaͤndig in Anſchlaͤgen und Meinungen, nicht lan- ge fortarbeiten koͤnne, mehr ſeinem Kopfe, als ſeinem Fleiße, ſchuldig ſey, ſich allein hoͤre, an- dre gern verſpotte; gern etwas von der Malerei, auch gerne deutſche Buͤcher leſe u. ſ. w. (warum nicht gar, daß er auch Deutſch koͤnne?) das al- les Hr. Harles; Hr. Klotz haͤtte uns ſagen ſollen, ob das ſein Bild ſey?
Nun gehen die Lebensumſtaͤnde an, wie in- den Perſonalien eines Verſtorbnen: den Hrn. Hofmeiſter, der jetzt Prediger ſeyn ſoll, unver- geſſen. Unvergeſſen, daß der Hr. Geh. Rath als Gymnaſiaſt auch oͤfters in den Vorſtaͤdten von Goͤrlitz gepredigt: unvergeſſen, daß er auch habe Herrnhuter werden wollen: unvergeſſen, daß er auch ſo gar einigemal in ſeiner Vaterſtadt gepre- digt: — — Und ach! warum denn vergeſſen, wie ſehr ſich daruͤber vielleicht die lieben Seinigen
erfreuet!
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Drittes Waͤldchen.
leo &c. Da iſt ja wohl eine Liebe der an-
dern werth.
Hr. Harles erzaͤhlt von ſeinem Helden, daß er
an Genie und Gelehrſamkeit wenige ſeines gleichen
habe, daß er im Griechiſch und Latein den meiſten
uͤberlegen, daß er ehrgeizig und jachzornig ſey, daß
er Geld und Titel verachte, ſelten traurig, unbe-
ſtaͤndig in Anſchlaͤgen und Meinungen, nicht lan-
ge fortarbeiten koͤnne, mehr ſeinem Kopfe, als
ſeinem Fleiße, ſchuldig ſey, ſich allein hoͤre, an-
dre gern verſpotte; gern etwas von der Malerei,
auch gerne deutſche Buͤcher leſe u. ſ. w. (warum
nicht gar, daß er auch Deutſch koͤnne?) das al-
les Hr. Harles; Hr. Klotz haͤtte uns ſagen ſollen,
ob das ſein Bild ſey?
Nun gehen die Lebensumſtaͤnde an, wie in-
den Perſonalien eines Verſtorbnen: den Hrn.
Hofmeiſter, der jetzt Prediger ſeyn ſoll, unver-
geſſen. Unvergeſſen, daß der Hr. Geh. Rath
als Gymnaſiaſt auch oͤfters in den Vorſtaͤdten von
Goͤrlitz gepredigt: unvergeſſen, daß er auch habe
Herrnhuter werden wollen: unvergeſſen, daß er
auch ſo gar einigemal in ſeiner Vaterſtadt gepre-
digt: — — Und ach! warum denn vergeſſen,
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/131>, abgerufen am 15.08.2024.
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