Und doch weiß ich, daß dieser Traum, um mit Klopstock zu reden, sich, vor vielen Episoden des Messias, in die Seele des Lesers gießen, und im- mer aus den Lieblingsgedanken, die er am feurigsten denket, neue Gedanken entwickeln wird,
-- -- in seinem Herzen die feinsten Zartesten Saiten gewisser zu treffen, und ganz ihn zu rühren. Schon wenn Portia anhebt: -- -- Sokrates ... zwar du kennest ihn nicht; aber ich schau- re vor Freuden, Wenn ich ihn nenne! das edelste Leben, das jemals ge- lebt ward, Krönt er mit einem Tode, der selbst dies Leben erhöhte! Sokrates ... immer hab' ich den Weisen bewundert! sein Bildniß Unaufhörlich betrachtet, ihn sah ich im Traume. Da nennt' er Seinen unsterblichen Namen: Jch, Sokrates u. s. w.
Wenn Hrn. Kl. einzige Ursache gelten soll: "das Heilige soll nicht mit dem Unheiligen ver- "mischt werden!" so müßten diese Episoden aus Messias weg, und mir sind sie unter den theu- ersten.
Klopstocks Salomo! Ein biblisches Sujet, und alle Leser haben mit mir, den Contrast der heid-
nischen
Kritiſche Waͤlder.
Und doch weiß ich, daß dieſer Traum, um mit Klopſtock zu reden, ſich, vor vielen Epiſoden des Meſſias, in die Seele des Leſers gießen, und im- mer aus den Lieblingsgedanken, die er am feurigſten denket, neue Gedanken entwickeln wird,
— — in ſeinem Herzen die feinſten Zarteſten Saiten gewiſſer zu treffen, und ganz ihn zu ruͤhren. Schon wenn Portia anhebt: — — Sokrates ... zwar du kenneſt ihn nicht; aber ich ſchau- re vor Freuden, Wenn ich ihn nenne! das edelſte Leben, das jemals ge- lebt ward, Kroͤnt er mit einem Tode, der ſelbſt dies Leben erhoͤhte! Sokrates ... immer hab’ ich den Weiſen bewundert! ſein Bildniß Unaufhoͤrlich betrachtet, ihn ſah ich im Traume. Da nennt’ er Seinen unſterblichen Namen: Jch, Sokrates u. ſ. w.
Wenn Hrn. Kl. einzige Urſache gelten ſoll: „das Heilige ſoll nicht mit dem Unheiligen ver- „miſcht werden!„ ſo muͤßten dieſe Epiſoden aus Meſſias weg, und mir ſind ſie unter den theu- erſten.
Klopſtocks Salomo! Ein bibliſches Sujet, und alle Leſer haben mit mir, den Contraſt der heid-
niſchen
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Kritiſche Waͤlder.
Und doch weiß ich, daß dieſer Traum, um mit
Klopſtock zu reden, ſich, vor vielen Epiſoden des
Meſſias, in die Seele des Leſers gießen, und im-
mer aus den Lieblingsgedanken, die er am feurigſten
denket, neue Gedanken entwickeln wird,
— — in ſeinem Herzen die feinſten
Zarteſten Saiten gewiſſer zu treffen, und ganz ihn zu
ruͤhren.
Schon wenn Portia anhebt: — —
Sokrates ... zwar du kenneſt ihn nicht; aber ich ſchau-
re vor Freuden,
Wenn ich ihn nenne! das edelſte Leben, das jemals ge-
lebt ward,
Kroͤnt er mit einem Tode, der ſelbſt dies Leben erhoͤhte!
Sokrates ... immer hab’ ich den Weiſen bewundert!
ſein Bildniß
Unaufhoͤrlich betrachtet, ihn ſah ich im Traume. Da
nennt’ er
Seinen unſterblichen Namen: Jch, Sokrates u. ſ. w.
Wenn Hrn. Kl. einzige Urſache gelten ſoll:
„das Heilige ſoll nicht mit dem Unheiligen ver-
„miſcht werden!„ ſo muͤßten dieſe Epiſoden aus
Meſſias weg, und mir ſind ſie unter den theu-
erſten.
Klopſtocks Salomo! Ein bibliſches Sujet,
und alle Leſer haben mit mir, den Contraſt der heid-
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/88>, abgerufen am 16.02.2025.
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