Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. Redart aufhöre, und ein Gedanke anfange? Eshat Hrn. Kl. gefallen a), bei Vida so gar zu billi- gen, daß das heilige Brot Ceres heißen könne, und daß, der poetischen Phrasis wegen, zu billigen, daß Christus dem Volke liba Cerealia ausgetheilet, bloß der Nachahmung Virgils wegen; und gilt das, was sollte nicht gelten? So wird mich immer die unmythologische Sprache platt, gemein, unpoetisch dünken können; und so wird endlich ein lateinisches Gedicht eine Seifenblase, wo viel schöne Farben in der Sonne mir vorspielen; ich greife darnach, und sie sind nichts! -- Es waren lateinische Phrases. Auch Hrn. Kl. so genannte horazische Oden b) gen: a) ibid. p. 83. 84. b) Klotz Opusc. Poet. -- Car- mina omnia, und bei welchem Titel ihrer Titel man sie sonst nennen will. D 5
Zweites Waͤldchen. Redart aufhoͤre, und ein Gedanke anfange? Eshat Hrn. Kl. gefallen a), bei Vida ſo gar zu billi- gen, daß das heilige Brot Ceres heißen koͤnne, und daß, der poetiſchen Phraſis wegen, zu billigen, daß Chriſtus dem Volke liba Cerealia ausgetheilet, bloß der Nachahmung Virgils wegen; und gilt das, was ſollte nicht gelten? So wird mich immer die unmythologiſche Sprache platt, gemein, unpoetiſch duͤnken koͤnnen; und ſo wird endlich ein lateiniſches Gedicht eine Seifenblaſe, wo viel ſchoͤne Farben in der Sonne mir vorſpielen; ich greife darnach, und ſie ſind nichts! — Es waren lateiniſche Phraſes. Auch Hrn. Kl. ſo genannte horaziſche Oden b) gen: a) ibid. p. 83. 84. b) Klotz Opuſc. Poet. — Car- mina omnia, und bei welchem Titel ihrer Titel man ſie ſonſt nennen will. D 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweites Waͤldchen.</hi></fw><lb/> Redart aufhoͤre, und ein Gedanke anfange? Es<lb/> hat Hrn. Kl. gefallen <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">ibid. p. 83. 84.</hi></note>, bei <hi rendition="#fr">Vida</hi> ſo gar zu billi-<lb/> gen, daß das heilige Brot <hi rendition="#aq">Cere</hi>s heißen koͤnne, und<lb/> daß, der poetiſchen Phraſis wegen, zu billigen, daß<lb/> Chriſtus dem Volke <hi rendition="#aq">liba Cerealia</hi> ausgetheilet, bloß<lb/> der Nachahmung Virgils wegen; und gilt das,<lb/> was ſollte nicht gelten? So wird mich immer die<lb/> unmythologiſche Sprache platt, gemein, unpoetiſch<lb/> duͤnken koͤnnen; und ſo wird endlich ein lateiniſches<lb/> Gedicht eine Seifenblaſe, wo viel ſchoͤne Farben in<lb/> der Sonne mir vorſpielen; ich greife darnach,<lb/> und ſie ſind nichts! — Es waren lateiniſche<lb/> Phraſes.</p><lb/> <p>Auch Hrn. Kl. ſo genannte horaziſche Oden <note place="foot" n="b)"><hi rendition="#aq">Klotz Opuſc. Poet. — Car-<lb/> mina omnia,</hi> und bei welchem Titel ihrer Titel man ſie<lb/> ſonſt nennen will.</note><lb/> ſind nicht ohne Mythologie: ſie reden vom <hi rendition="#aq">Gra-<lb/> divus,</hi> und von der <hi rendition="#aq">Venus,</hi> von <hi rendition="#aq">Muſis</hi> und <hi rendition="#aq">Ca-<lb/> moenis,</hi> vom <hi rendition="#aq">pater Lyaeus,</hi> dem ein ganzer Di-<lb/> thyrambe mythologiſch geſungen wird, von Faunen<lb/> und Dryaden, von Nymphen und Najaden, von<lb/> Pierinnen, von <hi rendition="#aq">Diis</hi> und <hi rendition="#aq">Deabus,</hi> vom <hi rendition="#aq">Phœbus,</hi><lb/> und vom <hi rendition="#aq">Pindus,</hi> von <hi rendition="#aq">Mavors</hi> und <hi rendition="#aq">Bellona,</hi> von<lb/><hi rendition="#aq">Cynthia</hi> und <hi rendition="#aq">Flora,</hi> ein ganzes Heer allegoriſcher<lb/> Perſonen ungerechnet. Fragt man mich, was al-<lb/> le dieſe Namen hier ſollen? nach der Manier Hrn. Kl.<lb/> in ſeinen homeriſchen Briefen muß ich entweder ſa-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gen:</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0063]
Zweites Waͤldchen.
Redart aufhoͤre, und ein Gedanke anfange? Es
hat Hrn. Kl. gefallen a), bei Vida ſo gar zu billi-
gen, daß das heilige Brot Ceres heißen koͤnne, und
daß, der poetiſchen Phraſis wegen, zu billigen, daß
Chriſtus dem Volke liba Cerealia ausgetheilet, bloß
der Nachahmung Virgils wegen; und gilt das,
was ſollte nicht gelten? So wird mich immer die
unmythologiſche Sprache platt, gemein, unpoetiſch
duͤnken koͤnnen; und ſo wird endlich ein lateiniſches
Gedicht eine Seifenblaſe, wo viel ſchoͤne Farben in
der Sonne mir vorſpielen; ich greife darnach,
und ſie ſind nichts! — Es waren lateiniſche
Phraſes.
Auch Hrn. Kl. ſo genannte horaziſche Oden b)
ſind nicht ohne Mythologie: ſie reden vom Gra-
divus, und von der Venus, von Muſis und Ca-
moenis, vom pater Lyaeus, dem ein ganzer Di-
thyrambe mythologiſch geſungen wird, von Faunen
und Dryaden, von Nymphen und Najaden, von
Pierinnen, von Diis und Deabus, vom Phœbus,
und vom Pindus, von Mavors und Bellona, von
Cynthia und Flora, ein ganzes Heer allegoriſcher
Perſonen ungerechnet. Fragt man mich, was al-
le dieſe Namen hier ſollen? nach der Manier Hrn. Kl.
in ſeinen homeriſchen Briefen muß ich entweder ſa-
gen:
a) ibid. p. 83. 84.
b) Klotz Opuſc. Poet. — Car-
mina omnia, und bei welchem Titel ihrer Titel man ſie
ſonſt nennen will.
D 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |