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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.

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Zweites Wäldchen.
ren a)? und, nach seinen Vorbereitungen zu achten,
ist diese Abhandlung sehr wichtig.

Zu erst von der Mythologie in geistlichen Ge-
dichten. Nonnus, Sannazaro, Claudian,
(wie der nach Ordnung und Zusammenhang b)
hieher kommt, wisse die allsehende Muse) Camo-
ens, Dante, Petrarca, Ariosto, Marino,
Tasso, Milton, Frischlin, Heinsius
-- welch
Gemenge von Namen! -- werden über der pro-
fanen Mythologie in ihren Gedichten scharf, und,
nach der Reihe hin, getadelt. Jch glaube nicht,
daß eine Kritik, die auf Dichter so verschiedner Zei-
ten und Gegenden mit einerlei Machtspruche fällt,
so gründlich, so prüfend sey, als sie über Männer
von so verschiedner Zeit, und so verschiednem Wer-
the seyn sollte.

Einige von diesen haben lateinisch gedichtet:
ein Punkt, der die Sache sehr verändert; denn wer
kann genau ein Haar zwischen ziehen, wo die latei-
nische Sprache aufhöre, und die Usurpation der rö-

mischen
a) p. 55.
b) Jch weiß, ohne die allsehende Muse nö-
thig zu haben, daß Hr. Klotz Parenthesen liebt, in Ei-
ner wieder Eine, und in dieser noch eine, und in der drit-
ten zur Noth noch eine vierte machen kann; ist das aber
Anordnung? -- Zu dem, damit ich auch eine Paren-
these mache, gebe ich dem seligen Geßner vor Hrn. Klotz,
wenigstens bei mir, Recht, daß Ovids Proserpine zu
nahe dem Kindischen
sey, (nimis puella) ohne daß
darüber ein überladnes Gericht Claudianscher Mytholo-
gie gelobt werde.
D 4

Zweites Waͤldchen.
ren a)? und, nach ſeinen Vorbereitungen zu achten,
iſt dieſe Abhandlung ſehr wichtig.

Zu erſt von der Mythologie in geiſtlichen Ge-
dichten. Nonnus, Sannazaro, Claudian,
(wie der nach Ordnung und Zuſammenhang b)
hieher kommt, wiſſe die allſehende Muſe) Camo-
ens, Dante, Petrarca, Arioſto, Marino,
Taſſo, Milton, Friſchlin, Heinſius
— welch
Gemenge von Namen! — werden uͤber der pro-
fanen Mythologie in ihren Gedichten ſcharf, und,
nach der Reihe hin, getadelt. Jch glaube nicht,
daß eine Kritik, die auf Dichter ſo verſchiedner Zei-
ten und Gegenden mit einerlei Machtſpruche faͤllt,
ſo gruͤndlich, ſo pruͤfend ſey, als ſie uͤber Maͤnner
von ſo verſchiedner Zeit, und ſo verſchiednem Wer-
the ſeyn ſollte.

Einige von dieſen haben lateiniſch gedichtet:
ein Punkt, der die Sache ſehr veraͤndert; denn wer
kann genau ein Haar zwiſchen ziehen, wo die latei-
niſche Sprache aufhoͤre, und die Uſurpation der roͤ-

miſchen
a) p. 55.
b) Jch weiß, ohne die allſehende Muſe noͤ-
thig zu haben, daß Hr. Klotz Parentheſen liebt, in Ei-
ner wieder Eine, und in dieſer noch eine, und in der drit-
ten zur Noth noch eine vierte machen kann; iſt das aber
Anordnung? — Zu dem, damit ich auch eine Paren-
theſe mache, gebe ich dem ſeligen Geßner vor Hrn. Klotz,
wenigſtens bei mir, Recht, daß Ovids Proſerpine zu
nahe dem Kindiſchen
ſey, (nimis puella) ohne daß
daruͤber ein uͤberladnes Gericht Claudianſcher Mytholo-
gie gelobt werde.
D 4
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[55/0061] Zweites Waͤldchen. ren a)? und, nach ſeinen Vorbereitungen zu achten, iſt dieſe Abhandlung ſehr wichtig. Zu erſt von der Mythologie in geiſtlichen Ge- dichten. Nonnus, Sannazaro, Claudian, (wie der nach Ordnung und Zuſammenhang b) hieher kommt, wiſſe die allſehende Muſe) Camo- ens, Dante, Petrarca, Arioſto, Marino, Taſſo, Milton, Friſchlin, Heinſius — welch Gemenge von Namen! — werden uͤber der pro- fanen Mythologie in ihren Gedichten ſcharf, und, nach der Reihe hin, getadelt. Jch glaube nicht, daß eine Kritik, die auf Dichter ſo verſchiedner Zei- ten und Gegenden mit einerlei Machtſpruche faͤllt, ſo gruͤndlich, ſo pruͤfend ſey, als ſie uͤber Maͤnner von ſo verſchiedner Zeit, und ſo verſchiednem Wer- the ſeyn ſollte. Einige von dieſen haben lateiniſch gedichtet: ein Punkt, der die Sache ſehr veraͤndert; denn wer kann genau ein Haar zwiſchen ziehen, wo die latei- niſche Sprache aufhoͤre, und die Uſurpation der roͤ- miſchen a) p. 55. b) Jch weiß, ohne die allſehende Muſe noͤ- thig zu haben, daß Hr. Klotz Parentheſen liebt, in Ei- ner wieder Eine, und in dieſer noch eine, und in der drit- ten zur Noth noch eine vierte machen kann; iſt das aber Anordnung? — Zu dem, damit ich auch eine Paren- theſe mache, gebe ich dem ſeligen Geßner vor Hrn. Klotz, wenigſtens bei mir, Recht, daß Ovids Proſerpine zu nahe dem Kindiſchen ſey, (nimis puella) ohne daß daruͤber ein uͤberladnes Gericht Claudianſcher Mytholo- gie gelobt werde. D 4

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/61>, abgerufen am 22.11.2024.