keine spätere Divertissements in klotzischen Com- mentarien geben.
Das Buch wird wieder aufgeschlagen, und nun habe ich kleine Ruheplätze, Ausschweifungen, Umwege aber nicht. Der Lauf des Dichters ist mir Augenmerk, und wenn ich mir sage: hier war der Gesichtspunkt -- wie reich, wie prächtig, wie anlockend! das alles nahm der Dichter ins Auge: so mußte er anfangen, und fortfahren. Jenes und dies kam dem Dichter in seinem Laufe zur Hand, und wie ein Strom, in den sich Ströme stür- zen, wälzt sein Gesang sich prächtiger fort. Hier ein Fels: anprallend nahm er andern Weg, oder schlängelte sich durchs geblümte Thal: überall aber der Römer, der Römer seiner Zeit, als -- Dich- ter. Jch sage, wenn ich mir dies jetzt deutlicher entwickle; so um des Gottes willen! denke ich an keine Allgemeinregeln! an keinen Longin und Bat- teux, an keine Fächer der Odenfabrik. Dieser Römer, und dieser Dichter, und diese Situation, und diese Ode ist mein Alles jetzt. So weit das Odengenie und -
Noch denkts an keine Gelegenheit, selbst -- wie? etwa Wortkritiken zu machen? etwa über ei- nen Geßner, eines kleinen Fehltritts wegen, sei- tenlang die Achseln zu ziehen? etwa die Bentleys und Baxters und Sanadons zu verläumden? -- o
wer
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Zweites Waͤldchen.
keine ſpaͤtere Divertiſſements in klotziſchen Com- mentarien geben.
Das Buch wird wieder aufgeſchlagen, und nun habe ich kleine Ruheplaͤtze, Ausſchweifungen, Umwege aber nicht. Der Lauf des Dichters iſt mir Augenmerk, und wenn ich mir ſage: hier war der Geſichtspunkt — wie reich, wie praͤchtig, wie anlockend! das alles nahm der Dichter ins Auge: ſo mußte er anfangen, und fortfahren. Jenes und dies kam dem Dichter in ſeinem Laufe zur Hand, und wie ein Strom, in den ſich Stroͤme ſtuͤr- zen, waͤlzt ſein Geſang ſich praͤchtiger fort. Hier ein Fels: anprallend nahm er andern Weg, oder ſchlaͤngelte ſich durchs gebluͤmte Thal: uͤberall aber der Roͤmer, der Roͤmer ſeiner Zeit, als — Dich- ter. Jch ſage, wenn ich mir dies jetzt deutlicher entwickle; ſo um des Gottes willen! denke ich an keine Allgemeinregeln! an keinen Longin und Bat- teux, an keine Faͤcher der Odenfabrik. Dieſer Roͤmer, und dieſer Dichter, und dieſe Situation, und dieſe Ode iſt mein Alles jetzt. So weit das Odengenie und –
Noch denkts an keine Gelegenheit, ſelbſt — wie? etwa Wortkritiken zu machen? etwa uͤber ei- nen Geßner, eines kleinen Fehltritts wegen, ſei- tenlang die Achſeln zu ziehen? etwa die Bentleys und Baxters und Sanadons zu verlaͤumden? — o
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Zweites Waͤldchen.
keine ſpaͤtere Divertiſſements in klotziſchen Com-
mentarien geben.
Das Buch wird wieder aufgeſchlagen, und
nun habe ich kleine Ruheplaͤtze, Ausſchweifungen,
Umwege aber nicht. Der Lauf des Dichters iſt
mir Augenmerk, und wenn ich mir ſage: hier war
der Geſichtspunkt — wie reich, wie praͤchtig, wie
anlockend! das alles nahm der Dichter ins Auge:
ſo mußte er anfangen, und fortfahren. Jenes
und dies kam dem Dichter in ſeinem Laufe zur
Hand, und wie ein Strom, in den ſich Stroͤme ſtuͤr-
zen, waͤlzt ſein Geſang ſich praͤchtiger fort. Hier
ein Fels: anprallend nahm er andern Weg, oder
ſchlaͤngelte ſich durchs gebluͤmte Thal: uͤberall aber
der Roͤmer, der Roͤmer ſeiner Zeit, als — Dich-
ter. Jch ſage, wenn ich mir dies jetzt deutlicher
entwickle; ſo um des Gottes willen! denke ich an
keine Allgemeinregeln! an keinen Longin und Bat-
teux, an keine Faͤcher der Odenfabrik. Dieſer
Roͤmer, und dieſer Dichter, und dieſe Situation,
und dieſe Ode iſt mein Alles jetzt. So weit das
Odengenie und –
Noch denkts an keine Gelegenheit, ſelbſt —
wie? etwa Wortkritiken zu machen? etwa uͤber ei-
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/263>, abgerufen am 16.07.2024.
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