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[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.

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Kritische Wälder.
ges Gefühl mehr dem Ekel nähern: d. i. Bewe-
gungen erregen, die vor dem Erbrechen voraus zu
gehen pflegen. Allein, diese Besonderheit in der
Stimmung des Nervengebäudes hindert nicht, daß
auch in ihnen unmittelbare Widrigkeit des Gefühls,
Gesichts, Gehörs, von der mittelbaren Widrigkeit
in diesen Sinnen durch Hülfe eines fremden Sin-
nes, des Geschmacks, unterschieden seyn sollte. Das
Ekelhafte kann sich mehr oder weniger, nach dem
die Organisation gestimmt ist, in jede unangeneh-
me sinnliche Empfindung einmischen; nicht aber jede
unangenehme sinnliche Empfindung, jede Widrigkeit
in einem Sinne ist deßhalb Ekel.

Kommt also der Ekel vorzüglich dem Geschma-
cke, und andern Sinnen nur so fern zu, als sie mit
ihm verbunden sind, oder sich an seine Stelle setzen
können: so --

Gilt erstlich auf die Frage: Warum ist in
den schönen Künsten und Wissenschaften der Ekel
nicht schön? die Ursache a) so allgemein nicht; weil der
Ekel blos den dunkeln Sinnen zukommt: denn dem
dunkelsten Sinne unter allen, dem Gefühle, kommt
er nicht zu.

Noch minder ist der Widerwille, den Häßlich-
keit wirket, so gänzlich von der Natur des Ekels,

als
a) Litt. Br. Th. 5. eb. das.

Kritiſche Waͤlder.
ges Gefuͤhl mehr dem Ekel naͤhern: d. i. Bewe-
gungen erregen, die vor dem Erbrechen voraus zu
gehen pflegen. Allein, dieſe Beſonderheit in der
Stimmung des Nervengebaͤudes hindert nicht, daß
auch in ihnen unmittelbare Widrigkeit des Gefuͤhls,
Geſichts, Gehoͤrs, von der mittelbaren Widrigkeit
in dieſen Sinnen durch Huͤlfe eines fremden Sin-
nes, des Geſchmacks, unterſchieden ſeyn ſollte. Das
Ekelhafte kann ſich mehr oder weniger, nach dem
die Organiſation geſtimmt iſt, in jede unangeneh-
me ſinnliche Empfindung einmiſchen; nicht aber jede
unangenehme ſinnliche Empfindung, jede Widrigkeit
in einem Sinne iſt deßhalb Ekel.

Kommt alſo der Ekel vorzuͤglich dem Geſchma-
cke, und andern Sinnen nur ſo fern zu, als ſie mit
ihm verbunden ſind, oder ſich an ſeine Stelle ſetzen
koͤnnen: ſo —

Gilt erſtlich auf die Frage: Warum iſt in
den ſchoͤnen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften der Ekel
nicht ſchoͤn? die Urſache a) ſo allgemein nicht; weil der
Ekel blos den dunkeln Sinnen zukommt: denn dem
dunkelſten Sinne unter allen, dem Gefuͤhle, kommt
er nicht zu.

Noch minder iſt der Widerwille, den Haͤßlich-
keit wirket, ſo gaͤnzlich von der Natur des Ekels,

als
a) Litt. Br. Th. 5. eb. daſ.
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[270/0276] Kritiſche Waͤlder. ges Gefuͤhl mehr dem Ekel naͤhern: d. i. Bewe- gungen erregen, die vor dem Erbrechen voraus zu gehen pflegen. Allein, dieſe Beſonderheit in der Stimmung des Nervengebaͤudes hindert nicht, daß auch in ihnen unmittelbare Widrigkeit des Gefuͤhls, Geſichts, Gehoͤrs, von der mittelbaren Widrigkeit in dieſen Sinnen durch Huͤlfe eines fremden Sin- nes, des Geſchmacks, unterſchieden ſeyn ſollte. Das Ekelhafte kann ſich mehr oder weniger, nach dem die Organiſation geſtimmt iſt, in jede unangeneh- me ſinnliche Empfindung einmiſchen; nicht aber jede unangenehme ſinnliche Empfindung, jede Widrigkeit in einem Sinne iſt deßhalb Ekel. Kommt alſo der Ekel vorzuͤglich dem Geſchma- cke, und andern Sinnen nur ſo fern zu, als ſie mit ihm verbunden ſind, oder ſich an ſeine Stelle ſetzen koͤnnen: ſo — Gilt erſtlich auf die Frage: Warum iſt in den ſchoͤnen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften der Ekel nicht ſchoͤn? die Urſache a) ſo allgemein nicht; weil der Ekel blos den dunkeln Sinnen zukommt: denn dem dunkelſten Sinne unter allen, dem Gefuͤhle, kommt er nicht zu. Noch minder iſt der Widerwille, den Haͤßlich- keit wirket, ſo gaͤnzlich von der Natur des Ekels, als a) Litt. Br. Th. 5. eb. daſ.

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769/276>, abgerufen am 24.11.2024.