[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. Wenn der Dichter die Schönheit lieber in Wir- Zu viel selbst in Homer; denn ich weiß wohl Reiz a) p. 217. b) Laok. p. 214.
Erſtes Waͤldchen. Wenn der Dichter die Schoͤnheit lieber in Wir- Zu viel ſelbſt in Homer; denn ich weiß wohl Reiz a) p. 217. b) Laok. p. 214.
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Erſtes Waͤldchen.
Wenn der Dichter die Schoͤnheit lieber in Wir-
kung, in Bewegung, d. i. reizend vorſtellet, ſo thut
ers nicht, damit dieſe ſich bewegende Schoͤnheit dem
ſich bewegenden Verſe entſpreche; nicht als wenn
jeder Zug der Schilderung, der Form, Geſtalt, und
nicht Wirkung, nicht Bewegung iſt, deßwegen un-
poetiſch wuͤrde a): ſondern ich generaliſire den Satz
lediglich ſo: „jede Schilderung der Schoͤnheit
„wirke energiſch„ d. i. zu dem Zwecke des Dichters,
zu dem ſie da iſt, und denn waͤhrend jedem Zuge,
den ſie liefert. Hiernach moͤge ſich Arioſt verant-
worten: aber das Leſſingſche Gebot: „Schoͤnheit
„des Koͤrpers zeige ſich bei dem Dichter blos durch
„Wirkung, blos durch Bewegung, b)„ raͤumt zu
viel auf.
Zu viel ſelbſt in Homer; denn ich weiß wohl
nicht, ob bei der ganzen Juno, wenn er ſie nicht
koͤrperlich, wenn er ſie nur durch ein Beiwort ſchil-
dern wollte, kein wirkſamerer, kein reizenderer Zug
ſey, als der, die weißellbogichte Juno, (man er-
laube mir das ungeheure Wort!) ob dieſer eine Zug
der ſei, durch den ſie an der Handlung Theil neh-
me, der durch ihren Koͤrper Handlung bezeichne, u. ſ. f.
So ſeine ſchoͤnknieichte Briſeis, und ſeine blauaͤu-
gichte Pallas, und ſein breitſchulterichter Ajax, und
ſein geſchwindfuͤßiger Achilles, und ſeine ſchoͤnhaa-
rige Helena — wo iſt hier Wirkung, Bewegung,
Reiz
a) p. 217.
b) Laok. p. 214.
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