[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. Folgendes wird zeigen, daß Hr. L. in seiner Wolken-theorie der griechischen Götter -- -- ein Ketzer sey. "Unsichtbar seyn, ist der natürliche Zustand der Wie b) Callimach. hym. in Pallad. Dianam &c.
Erſtes Waͤldchen. Folgendes wird zeigen, daß Hr. L. in ſeiner Wolken-theorie der griechiſchen Goͤtter — — ein Ketzer ſey. „Unſichtbar ſeyn, iſt der natuͤrliche Zuſtand der Wie b) Callimach. hym. in Pallad. Dianam &c.
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Erſtes Waͤldchen.
Folgendes wird zeigen, daß Hr. L. in ſeiner Wolken-
theorie der griechiſchen Goͤtter — — ein Ketzer ſey.
„Unſichtbar ſeyn, iſt der natuͤrliche Zuſtand der
„Goͤtter;„ wie kommt es denn, wenn ich fragen
darf, daß Goͤtter wider Willen koͤnnen geſehen
werden? daß man ſie unvermuthet uͤberraſchen
darf, wenn ſie nicht geſehen ſeyn wollen? Es war
ein Glaubensartikel bei den Griechen, daß nichts ge-
faͤhrlicher ſey, als ein ſolcher uͤberraſchender An-
blick b), und mancher ungluͤcklicher Unſchuldige hat-
te daruͤber ein Opfer werden muͤſſen. Pallas, die
keuſcheſte der Goͤttinnen, die vor Keuſchheit ſich ſelbſt
kaum nackt zu ſehen wagte, die wohl am mindeſten
unter allen Goͤttinnen jene falſche Jungfernſcheu
beſaß, ſich zu verſtecken, und doch wollen geſehen
zu werden, dieſe jungfraͤuliche Pallas waͤhlet ſich den
ſicherſten, den geheimſten Ort, um ihre Gorgone
abzulegen: ſie badet ſich, und ein eben ſo ehrlicher
Tireſias uͤberraſcht ſie, ſiehet ſie wider ſeinen Wil-
len, erblindet. Jndeſſen um den Unſchuldigen ei-
niger Maaßen ſchadlos zu halten, giebt Pallas —
ihm nicht das Geſicht wieder; denn dies ließ ihre
Jungfraͤulichkeit nicht zu; ſondern die Gabe der
Weiſſagung. Wie haͤtte Pallas wider ihren und
Tireſias Willen uͤberraſchet werden koͤnnen,
wenn „unſichtbar ſeyn, der natuͤrliche Zuſtand der
„Goͤtter waͤre?„
Wie
b) Callimach. hym. in Pallad. Dianam &c.
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