[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. diese kann also der Künstler Erscheinungen liefern:er schildere Körper, er ahme nach die bleibende Natur. Wenn aber diese bleibende Natur auch zugleich Geck!
Erſtes Waͤldchen. dieſe kann alſo der Kuͤnſtler Erſcheinungen liefern:er ſchildere Koͤrper, er ahme nach die bleibende Natur. Wenn aber dieſe bleibende Natur auch zugleich Geck!
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Erſtes Waͤldchen.
dieſe kann alſo der Kuͤnſtler Erſcheinungen liefern:
er ſchildere Koͤrper, er ahme nach die bleibende
Natur.
Wenn aber dieſe bleibende Natur auch zugleich
todte Natur waͤre? wenn das Jntranſitoriſche eines
Koͤrpers eben von ſeiner Unbeſeeltheit zeugte? Als-
denn, dies bleibende Jntranſitoriſche des Gegen-
ſtandes zum Augenmerke der Kunſt ohne Einſchraͤn-
kung gemacht — was anders, als daß mit dieſem
Grundſatz der Kunſt auch — ihr beſter Ausdruck
genommen wuͤrde? Denke dir, mein Leſer, einen
ſeelenvollen Ausdruck durch einen Koͤrper, welchen
du wolleſt, und er iſt voruͤbergehend. Je mehr er
eine menſchliche Leidenſchaft charakteriſiret; um ſo
mehr bezeichnet er einen veraͤnderlichen Zuſtand der
menſchlichen Natur, und um ſo mehr „erhaͤlt er
„durch die Verlaͤngerung der Kunſt ein widerna-
„tuͤrliches Anſehen, das mit jeder wiederholten Er-
„blickung den Eindruck ſchwaͤchet, und uns end-
„lich vor dem ganzen Gegenſtande Ekel oder Grauen
„verurſacht.„ Die Einbildungskraft habe noch
ſo viel Spielraum, noch ſo viel Flug: ſo muß ſie
doch endlich einmal an eine Grenze ſtoßen, und un-
willig wieder zuruͤck kommen; ja, je ſchneller ſie ge-
het, je praͤgnanter der gewaͤhlte Augenblick ſey, um
ſo eher kommt ſie zu Ziel. So gut als ich zu einem
lachenden la Mettrie ſagen kann, wenn ich ihn zum
dritten, viertenmal, noch lachend ſehe: du biſt ein
Geck!
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