Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Böse mit Gutem überwindende thätige
Liebe. Es gebietet solche nicht als einen
Gegenstand der Spekulation, sondern giebt
sie als Licht und Leben der Menschheit,
durch Vorbild und liebende That, durch
fortwirkende Gemeinschaft. Es dienet
allen Classen und Ständen der Mensch-
heit, bis in jeder jedes Widrige zu seiner
Zeit von selbst verdorret und abfällt. Der
Misbrauch des Christenthums hat Zahllo-
ses Böse in der Welt verursacht; ein Er-
weis, was sein rechter Gebrauch vermöge.
Eben daß, wie es gediehen ist, es so viel
gutzumachen, zu ersetzen, zu entschädigen
hat, zeigt nach der Regel, die in ihm liegt,
daß es dies thun müsse und thun werde.
Der Labyrinth seiner Misbräuche und Irr-
wege ist nicht unendlich; auf seine reine
Bahn zurückgeführt kann es nicht anders
als zu dem Ziel streben, den sein Stifter

Boͤſe mit Gutem uͤberwindende thaͤtige
Liebe. Es gebietet ſolche nicht als einen
Gegenſtand der Spekulation, ſondern giebt
ſie als Licht und Leben der Menſchheit,
durch Vorbild und liebende That, durch
fortwirkende Gemeinſchaft. Es dienet
allen Claſſen und Staͤnden der Menſch-
heit, bis in jeder jedes Widrige zu ſeiner
Zeit von ſelbſt verdorret und abfaͤllt. Der
Misbrauch des Chriſtenthums hat Zahllo-
ſes Boͤſe in der Welt verurſacht; ein Er-
weis, was ſein rechter Gebrauch vermoͤge.
Eben daß, wie es gediehen iſt, es ſo viel
gutzumachen, zu erſetzen, zu entſchaͤdigen
hat, zeigt nach der Regel, die in ihm liegt,
daß es dies thun muͤſſe und thun werde.
Der Labyrinth ſeiner Misbraͤuche und Irr-
wege iſt nicht unendlich; auf ſeine reine
Bahn zuruͤckgefuͤhrt kann es nicht anders
als zu dem Ziel ſtreben, den ſein Stifter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="213"/>
Bo&#x0364;&#x017F;e mit Gutem u&#x0364;berwindende tha&#x0364;tige<lb/>
Liebe. Es gebietet &#x017F;olche nicht als einen<lb/>
Gegen&#x017F;tand der Spekulation, &#x017F;ondern giebt<lb/>
&#x017F;ie als Licht und Leben der Men&#x017F;chheit,<lb/>
durch Vorbild und liebende That, durch<lb/>
fortwirkende <hi rendition="#g">Gemein&#x017F;chaft</hi>. Es dienet<lb/><hi rendition="#g">allen</hi> Cla&#x017F;&#x017F;en und Sta&#x0364;nden der Men&#x017F;ch-<lb/>
heit, bis in jeder jedes Widrige zu &#x017F;einer<lb/>
Zeit von &#x017F;elb&#x017F;t verdorret und abfa&#x0364;llt. Der<lb/>
Misbrauch des Chri&#x017F;tenthums hat Zahllo-<lb/>
&#x017F;es Bo&#x0364;&#x017F;e in der Welt verur&#x017F;acht; ein Er-<lb/>
weis, was &#x017F;ein rechter Gebrauch vermo&#x0364;ge.<lb/>
Eben daß, wie es gediehen i&#x017F;t, es &#x017F;o viel<lb/>
gutzumachen, zu er&#x017F;etzen, zu ent&#x017F;cha&#x0364;digen<lb/>
hat, zeigt nach der Regel, die in ihm liegt,<lb/>
daß es dies thun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und thun werde.<lb/>
Der Labyrinth &#x017F;einer Misbra&#x0364;uche und Irr-<lb/>
wege i&#x017F;t nicht unendlich; auf &#x017F;eine reine<lb/>
Bahn zuru&#x0364;ckgefu&#x0364;hrt kann es nicht anders<lb/>
als zu dem Ziel &#x017F;treben, den &#x017F;ein Stifter<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0220] Boͤſe mit Gutem uͤberwindende thaͤtige Liebe. Es gebietet ſolche nicht als einen Gegenſtand der Spekulation, ſondern giebt ſie als Licht und Leben der Menſchheit, durch Vorbild und liebende That, durch fortwirkende Gemeinſchaft. Es dienet allen Claſſen und Staͤnden der Menſch- heit, bis in jeder jedes Widrige zu ſeiner Zeit von ſelbſt verdorret und abfaͤllt. Der Misbrauch des Chriſtenthums hat Zahllo- ſes Boͤſe in der Welt verurſacht; ein Er- weis, was ſein rechter Gebrauch vermoͤge. Eben daß, wie es gediehen iſt, es ſo viel gutzumachen, zu erſetzen, zu entſchaͤdigen hat, zeigt nach der Regel, die in ihm liegt, daß es dies thun muͤſſe und thun werde. Der Labyrinth ſeiner Misbraͤuche und Irr- wege iſt nicht unendlich; auf ſeine reine Bahn zuruͤckgefuͤhrt kann es nicht anders als zu dem Ziel ſtreben, den ſein Stifter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/220
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/220>, abgerufen am 22.11.2024.