Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.Die Zeitenfolge. Komm, Unzufriedner, näher! Tritt herzu, An dessen Herzen Misvergnügen nagt. Schuf Irgendwen der Allmacht Hand zur Quaal? Er, der nur Huld ist, schuf' er je zum Unglück? Es sprach der Mächtige: (die Wahrheit spricht, In allen seinen Werken.) Euer Tagwerk Sei Seligkeit. Mit diesem Segen laß' ich, Geschöpfe, euch aus meiner Hand. Und sieh! Da standen sie, die Lebenden, unwissend Was Leben war. Sie schöpften Othem, wie Nach einem schweren Traum; sie sahn die Welt! Die Zeitenfolge. Komm, Unzufriedner, naͤher! Tritt herzu, An deſſen Herzen Misvergnuͤgen nagt. Schuf Irgendwen der Allmacht Hand zur Quaal? Er, der nur Huld iſt, ſchuf' er je zum Ungluͤck? Es ſprach der Maͤchtige: (die Wahrheit ſpricht, In allen ſeinen Werken.) Euer Tagwerk Sei Seligkeit. Mit dieſem Segen laß' ich, Geſchoͤpfe, euch aus meiner Hand. Und ſieh! Da ſtanden ſie, die Lebenden, unwiſſend Was Leben war. Sie ſchoͤpften Othem, wie Nach einem ſchweren Traum; ſie ſahn die Welt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0197" n="190"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Die Zeitenfolge</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">K</hi>omm, Unzufriedner, naͤher! Tritt herzu,</l><lb/> <l>An deſſen Herzen Misvergnuͤgen nagt.</l><lb/> <l>Schuf Irgendwen der Allmacht Hand zur</l><lb/> <l>Quaal?</l><lb/> <l>Er, der nur Huld iſt, ſchuf' er je zum Ungluͤck?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Es ſprach der Maͤchtige: (die Wahrheit</l><lb/> <l>ſpricht,</l><lb/> <l>In allen ſeinen Werken.) Euer Tagwerk</l><lb/> <l>Sei Seligkeit. Mit dieſem Segen laß' ich,</l><lb/> <l>Geſchoͤpfe, euch aus meiner Hand.</l><lb/> <l>Und ſieh!</l><lb/> <l>Da ſtanden ſie, die Lebenden, unwiſſend</l><lb/> <l>Was Leben war. Sie ſchoͤpften Othem, wie</l><lb/> <l>Nach einem ſchweren Traum; ſie ſahn die</l><lb/> <l>Welt!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [190/0197]
Die Zeitenfolge.
Komm, Unzufriedner, naͤher! Tritt herzu,
An deſſen Herzen Misvergnuͤgen nagt.
Schuf Irgendwen der Allmacht Hand zur
Quaal?
Er, der nur Huld iſt, ſchuf' er je zum Ungluͤck?
Es ſprach der Maͤchtige: (die Wahrheit
ſpricht,
In allen ſeinen Werken.) Euer Tagwerk
Sei Seligkeit. Mit dieſem Segen laß' ich,
Geſchoͤpfe, euch aus meiner Hand.
Und ſieh!
Da ſtanden ſie, die Lebenden, unwiſſend
Was Leben war. Sie ſchoͤpften Othem, wie
Nach einem ſchweren Traum; ſie ſahn die
Welt!
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