Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.Endlich das Unmoralische des Dich- Endlich das Unmoraliſche des Dich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0096" n="77"/> <p>Endlich das <hi rendition="#g">Unmoraliſche</hi> des Dich-<lb/> ters. Hier hat die Zeit gewaltſam den<lb/> Vorhang aufgezogen und in ihrem ſtren-<lb/> gen Gericht keiner falſchen Grazie geſcho-<lb/> net. Wo ſind die — — —? Wo ſind ſie?<lb/> Wer will, wer mag ſie leſen? Und nicht<lb/> auf unzuͤchtige Dichter allein geht dies Ur-<lb/> theil des Rhadamanthus, ſondern auch<lb/> auf jeden widernatuͤrlichen, wahre Ver-<lb/> haͤltniſſe des Lebens zerſtoͤrenden Dichter.<lb/> Wie manches Beiſpiel haben wir auch hier-<lb/> uͤber ſchon erlebet! Dies Licht, dieſen Tag<lb/> haben Reformation, Philoſophie und der<lb/> unbeſtechliche Zeuge in uns, das <hi rendition="#g">reine<lb/> Menſchengefuͤhl</hi> verbreitet.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [77/0096]
Endlich das Unmoraliſche des Dich-
ters. Hier hat die Zeit gewaltſam den
Vorhang aufgezogen und in ihrem ſtren-
gen Gericht keiner falſchen Grazie geſcho-
net. Wo ſind die — — —? Wo ſind ſie?
Wer will, wer mag ſie leſen? Und nicht
auf unzuͤchtige Dichter allein geht dies Ur-
theil des Rhadamanthus, ſondern auch
auf jeden widernatuͤrlichen, wahre Ver-
haͤltniſſe des Lebens zerſtoͤrenden Dichter.
Wie manches Beiſpiel haben wir auch hier-
uͤber ſchon erlebet! Dies Licht, dieſen Tag
haben Reformation, Philoſophie und der
unbeſtechliche Zeuge in uns, das reine
Menſchengefuͤhl verbreitet.
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