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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

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das Auge der Jugend sich vorzüglich hef-
ten müßte.

In der Composition der Alten näm-
lich hat Alles Zweck, Plan und Ordnung.
Nichts stehet am unrechten Ort, nichts ist
müßig und unschicklich dahin geworfen;
und im Ganzen herrscht, wo es irgend seyn
kann, lebendige Darstellung und Handlung.
Die griechische Sprache z. B. ist von der
Bildung der Worte an bis zum Bau ihrer
Sylbenmaaße und Perioden ein Muster
des Wohlklanges, der Zusammenfügung,
der Bedeutsamkeit und Grazie des Aus-
drucks; die lateinische Sprache eifert ihr
nach. Wie in Statuen und Gebäuden die
Kunst der Alten Einfalt und Würde,
Bedeutung und Anmuth zu vereini-
gen wußte; so vereinigen es die Meister-
werke ihrer Sprache. Wer in Homer
und Pindar, in Herodot, Plato,

das Auge der Jugend ſich vorzuͤglich hef-
ten muͤßte.

In der Compoſition der Alten naͤm-
lich hat Alles Zweck, Plan und Ordnung.
Nichts ſtehet am unrechten Ort, nichts iſt
muͤßig und unſchicklich dahin geworfen;
und im Ganzen herrſcht, wo es irgend ſeyn
kann, lebendige Darſtellung und Handlung.
Die griechiſche Sprache z. B. iſt von der
Bildung der Worte an bis zum Bau ihrer
Sylbenmaaße und Perioden ein Muſter
des Wohlklanges, der Zuſammenfuͤgung,
der Bedeutſamkeit und Grazie des Aus-
drucks; die lateiniſche Sprache eifert ihr
nach. Wie in Statuen und Gebaͤuden die
Kunſt der Alten Einfalt und Wuͤrde,
Bedeutung und Anmuth zu vereini-
gen wußte; ſo vereinigen es die Meiſter-
werke ihrer Sprache. Wer in Homer
und Pindar, in Herodot, Plato,

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[36/0055] das Auge der Jugend ſich vorzuͤglich hef- ten muͤßte. In der Compoſition der Alten naͤm- lich hat Alles Zweck, Plan und Ordnung. Nichts ſtehet am unrechten Ort, nichts iſt muͤßig und unſchicklich dahin geworfen; und im Ganzen herrſcht, wo es irgend ſeyn kann, lebendige Darſtellung und Handlung. Die griechiſche Sprache z. B. iſt von der Bildung der Worte an bis zum Bau ihrer Sylbenmaaße und Perioden ein Muſter des Wohlklanges, der Zuſammenfuͤgung, der Bedeutſamkeit und Grazie des Aus- drucks; die lateiniſche Sprache eifert ihr nach. Wie in Statuen und Gebaͤuden die Kunſt der Alten Einfalt und Wuͤrde, Bedeutung und Anmuth zu vereini- gen wußte; ſo vereinigen es die Meiſter- werke ihrer Sprache. Wer in Homer und Pindar, in Herodot, Plato,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/55>, abgerufen am 23.11.2024.