Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ers wußte, auf Schwingen irgend eines
alten Dichters empor; oder wenn er hiezu
nicht Kraft gnug hatte, kam er doch nach-
ahmend dem Geschmack und bessern Ver-
ständniß des Dichters, in dessen Weise er
schrieb, näher und ward, auch nachlallend,
mit ihm vertrauter. Endlich schloß
sich durch die neuere lateinische Poesie eine
Gesellschaft zusammen, von der vorher
noch keine Zeit gewußt hatte; in Italien,
Spanien, Portugall, Frankreich, den bri-
tannischen Inseln, den nordischen König-
reichen, in Liefland, Pohlen, Preussen,
Ungarn, in Deutschland, Holland u. f.
hat man lateinisch nicht nur versificiret,
sondern hie und da gewiß auch gedichtet.
Italien, Frankreich, Deutschland, Pohlen,
vor allen Holland hat Männer gehabt,
die mit dem Latein wie mit ihrer Mutter-
sprache umzugehen wußten und in ihm Ge-

ers wußte, auf Schwingen irgend eines
alten Dichters empor; oder wenn er hiezu
nicht Kraft gnug hatte, kam er doch nach-
ahmend dem Geſchmack und beſſern Ver-
ſtaͤndniß des Dichters, in deſſen Weiſe er
ſchrieb, naͤher und ward, auch nachlallend,
mit ihm vertrauter. Endlich ſchloß
ſich durch die neuere lateiniſche Poeſie eine
Geſellſchaft zuſammen, von der vorher
noch keine Zeit gewußt hatte; in Italien,
Spanien, Portugall, Frankreich, den bri-
tanniſchen Inſeln, den nordiſchen Koͤnig-
reichen, in Liefland, Pohlen, Preuſſen,
Ungarn, in Deutſchland, Holland u. f.
hat man lateiniſch nicht nur verſificiret,
ſondern hie und da gewiß auch gedichtet.
Italien, Frankreich, Deutſchland, Pohlen,
vor allen Holland hat Maͤnner gehabt,
die mit dem Latein wie mit ihrer Mutter-
ſprache umzugehen wußten und in ihm Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="12"/>
ers wußte, auf Schwingen irgend eines<lb/>
alten Dichters empor; oder wenn er hiezu<lb/>
nicht Kraft gnug hatte, kam er doch nach-<lb/>
ahmend dem Ge&#x017F;chmack und be&#x017F;&#x017F;ern Ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß des Dichters, in de&#x017F;&#x017F;en Wei&#x017F;e er<lb/>
&#x017F;chrieb, na&#x0364;her und ward, auch nachlallend,<lb/><hi rendition="#g">mit ihm vertrauter</hi>. Endlich &#x017F;chloß<lb/>
&#x017F;ich durch die neuere lateini&#x017F;che Poe&#x017F;ie eine<lb/><hi rendition="#g">Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> zu&#x017F;ammen, von der vorher<lb/>
noch keine Zeit gewußt hatte; in Italien,<lb/>
Spanien, Portugall, Frankreich, den bri-<lb/>
tanni&#x017F;chen In&#x017F;eln, den nordi&#x017F;chen Ko&#x0364;nig-<lb/>
reichen, in Liefland, Pohlen, Preu&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Ungarn, in Deut&#x017F;chland, Holland u. f.<lb/>
hat man lateini&#x017F;ch nicht nur ver&#x017F;ificiret,<lb/>
&#x017F;ondern hie und da gewiß auch gedichtet.<lb/>
Italien, Frankreich, Deut&#x017F;chland, Pohlen,<lb/>
vor allen Holland hat Ma&#x0364;nner gehabt,<lb/>
die mit dem Latein wie mit ihrer Mutter-<lb/>
&#x017F;prache umzugehen wußten und in ihm Ge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0031] ers wußte, auf Schwingen irgend eines alten Dichters empor; oder wenn er hiezu nicht Kraft gnug hatte, kam er doch nach- ahmend dem Geſchmack und beſſern Ver- ſtaͤndniß des Dichters, in deſſen Weiſe er ſchrieb, naͤher und ward, auch nachlallend, mit ihm vertrauter. Endlich ſchloß ſich durch die neuere lateiniſche Poeſie eine Geſellſchaft zuſammen, von der vorher noch keine Zeit gewußt hatte; in Italien, Spanien, Portugall, Frankreich, den bri- tanniſchen Inſeln, den nordiſchen Koͤnig- reichen, in Liefland, Pohlen, Preuſſen, Ungarn, in Deutſchland, Holland u. f. hat man lateiniſch nicht nur verſificiret, ſondern hie und da gewiß auch gedichtet. Italien, Frankreich, Deutſchland, Pohlen, vor allen Holland hat Maͤnner gehabt, die mit dem Latein wie mit ihrer Mutter- ſprache umzugehen wußten und in ihm Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/31
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/31>, abgerufen am 22.11.2024.