Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.Das Licht der Alten ists, das die Schat- Warum z. B. ist die bloße Galan- Das Licht der Alten iſts, das die Schat- Warum z. B. iſt die bloße Galan- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="6"/> Das Licht der Alten iſts, das die Schat-<lb/> ten verjagt und die Daͤmmerung aufgeklaͤrt<lb/> hat; mit ihnen haben wir empfangen, was<lb/><hi rendition="#g">allein</hi> den Geſchmack ſichert, <hi rendition="#g">Verhaͤlt</hi>-<lb/><hi rendition="#g">niß</hi>, <hi rendition="#g">Regel</hi>, <hi rendition="#g">Richtmaas</hi>, <hi rendition="#g">Form der<lb/> Geſtalten im weiten Reiche der Na</hi>-<lb/><hi rendition="#g">tur und Kunſt</hi>, ja der <hi rendition="#g">geſammten<lb/> Menſchheit</hi>.</p><lb/> <p>Warum z. B. iſt die bloße <hi rendition="#g">Galan</hi>-<lb/><hi rendition="#g">terie der Liebe</hi> ein falſcher, mithin auch<lb/> ein unpoetiſcher Geſchmack? Weil ſie etwas<lb/> Unwahres in ſich haͤlt, das der <hi rendition="#g">reinen<lb/> Sprache des Herzens und Geiſtes</hi>,<lb/> wie es die Poeſie ſeyn ſoll, unwerth iſt.<lb/> Jene Galanterie giebt Dingen einen Werth,<lb/> den ſie unſrer eignen Ueberzeugung nach<lb/> nicht haben; ſie mahlt Schoͤnheit und Liebe<lb/> mit falſchen Reizen, und vergiſſet daruͤber<lb/> der herzergreifenden Wahrheit. Aus Man-<lb/> gel des Gefuͤhls uͤbertreibt ſie; ſie ſpielt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0025]
Das Licht der Alten iſts, das die Schat-
ten verjagt und die Daͤmmerung aufgeklaͤrt
hat; mit ihnen haben wir empfangen, was
allein den Geſchmack ſichert, Verhaͤlt-
niß, Regel, Richtmaas, Form der
Geſtalten im weiten Reiche der Na-
tur und Kunſt, ja der geſammten
Menſchheit.
Warum z. B. iſt die bloße Galan-
terie der Liebe ein falſcher, mithin auch
ein unpoetiſcher Geſchmack? Weil ſie etwas
Unwahres in ſich haͤlt, das der reinen
Sprache des Herzens und Geiſtes,
wie es die Poeſie ſeyn ſoll, unwerth iſt.
Jene Galanterie giebt Dingen einen Werth,
den ſie unſrer eignen Ueberzeugung nach
nicht haben; ſie mahlt Schoͤnheit und Liebe
mit falſchen Reizen, und vergiſſet daruͤber
der herzergreifenden Wahrheit. Aus Man-
gel des Gefuͤhls uͤbertreibt ſie; ſie ſpielt
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