Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.Die Dritte, wenn ich so sagen darf, Man hat die Dichtkunst subjectiv Die Dritte, wenn ich ſo ſagen darf, Man hat die Dichtkunſt ſubjectiv <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0201" n="182"/> <p>Die Dritte, wenn ich ſo ſagen darf,<lb/> Naturmethode iſt, jede Blume an ihrem<lb/> Ort zu laſſen, und dort ganz wie ſie iſt,<lb/> nach Zeit und Art, von der Wurzel bis<lb/> zur Krone zu betrachten. Das demuͤthig-<lb/> ſte Genie haſſet Rangordnung und Verglei-<lb/> chung. Es will lieber der Erſte im Dorf<lb/> ſeyn, als der Zweite nach Caͤſar. Flechte,<lb/> Moos, Farrenkraut und die reichſte Ge-<lb/> wuͤrzblume; jedes bluͤhet an ſeiner Stelle<lb/> in <hi rendition="#g">Gottes</hi> Ordnung.</p><lb/> <p>Man hat die Dichtkunſt <hi rendition="#g">ſubjectiv</hi><lb/> und <hi rendition="#g">objectiv</hi>, nach den Gegenſtaͤnden, die<lb/> ſie ſchildert, und nach den Empfindungen,<lb/> mit denen ſie Gegenſtaͤnde darſtellt, geord-<lb/> net; ein wahrhafter und nuͤtzlicher Geſichts-<lb/> punkt, der auch zu Charakteriſirung ein-<lb/> zelner Dichter z. B. <hi rendition="#g">Homers</hi> und <hi rendition="#g">Oßi</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ans</hi>, <hi rendition="#g">Thomſons</hi> und <hi rendition="#g">Kleiſts</hi> u. a. der<lb/> rechte ſcheinet. <hi rendition="#g">Homer</hi> naͤmlich erzaͤhlt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0201]
Die Dritte, wenn ich ſo ſagen darf,
Naturmethode iſt, jede Blume an ihrem
Ort zu laſſen, und dort ganz wie ſie iſt,
nach Zeit und Art, von der Wurzel bis
zur Krone zu betrachten. Das demuͤthig-
ſte Genie haſſet Rangordnung und Verglei-
chung. Es will lieber der Erſte im Dorf
ſeyn, als der Zweite nach Caͤſar. Flechte,
Moos, Farrenkraut und die reichſte Ge-
wuͤrzblume; jedes bluͤhet an ſeiner Stelle
in Gottes Ordnung.
Man hat die Dichtkunſt ſubjectiv
und objectiv, nach den Gegenſtaͤnden, die
ſie ſchildert, und nach den Empfindungen,
mit denen ſie Gegenſtaͤnde darſtellt, geord-
net; ein wahrhafter und nuͤtzlicher Geſichts-
punkt, der auch zu Charakteriſirung ein-
zelner Dichter z. B. Homers und Oßi-
ans, Thomſons und Kleiſts u. a. der
rechte ſcheinet. Homer naͤmlich erzaͤhlt
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