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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

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Worte gebietet, ist nicht viel anders; sie
herrscht despotisch. Erinnern Sie sich
in Drydens Ode am Cäcilientage, wo-
hin die Gewalt der Musik den Alexan-
der reißt? Der Halbgott sinkt der Buh-
lerinn in den Arm, er schwingt die Fackel
zu Persepolis Brande. Auf gleiche Weise
kann durch eine geistliche und, wenn man
will, eine himmlische Musik die Seele der-
gestalt aus sich gesetzt werden, daß sie sich,
unbrauchbar und stumpf gemacht für dies
irrdische Leben, in gestaltlosen Worten und
Tönen selbst verlieret.

Unsre zarte, fehlbare und fein empfäng-
liche Natur hat aller Sinne nöthig, die
ihr Gott gegeben; sie kann keinen seines
Dienstes entlassen, um sich einem andern
allein anzuvertrauen: denn eben im Ge-
sammtgebrauch aller Sinne und
Organe
zündet und leuchtet allein die

Worte gebietet, iſt nicht viel anders; ſie
herrſcht deſpotiſch. Erinnern Sie ſich
in Drydens Ode am Caͤcilientage, wo-
hin die Gewalt der Muſik den Alexan-
der reißt? Der Halbgott ſinkt der Buh-
lerinn in den Arm, er ſchwingt die Fackel
zu Perſepolis Brande. Auf gleiche Weiſe
kann durch eine geiſtliche und, wenn man
will, eine himmliſche Muſik die Seele der-
geſtalt aus ſich geſetzt werden, daß ſie ſich,
unbrauchbar und ſtumpf gemacht fuͤr dies
irrdiſche Leben, in geſtaltloſen Worten und
Toͤnen ſelbſt verlieret.

Unſre zarte, fehlbare und fein empfaͤng-
liche Natur hat aller Sinne noͤthig, die
ihr Gott gegeben; ſie kann keinen ſeines
Dienſtes entlaſſen, um ſich einem andern
allein anzuvertrauen: denn eben im Ge-
ſammtgebrauch aller Sinne und
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[56/0073] Worte gebietet, iſt nicht viel anders; ſie herrſcht deſpotiſch. Erinnern Sie ſich in Drydens Ode am Caͤcilientage, wo- hin die Gewalt der Muſik den Alexan- der reißt? Der Halbgott ſinkt der Buh- lerinn in den Arm, er ſchwingt die Fackel zu Perſepolis Brande. Auf gleiche Weiſe kann durch eine geiſtliche und, wenn man will, eine himmliſche Muſik die Seele der- geſtalt aus ſich geſetzt werden, daß ſie ſich, unbrauchbar und ſtumpf gemacht fuͤr dies irrdiſche Leben, in geſtaltloſen Worten und Toͤnen ſelbſt verlieret. Unſre zarte, fehlbare und fein empfaͤng- liche Natur hat aller Sinne noͤthig, die ihr Gott gegeben; ſie kann keinen ſeines Dienſtes entlaſſen, um ſich einem andern allein anzuvertrauen: denn eben im Ge- ſammtgebrauch aller Sinne und Organe zuͤndet und leuchtet allein die

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/73>, abgerufen am 04.12.2024.