ein schöner Genius war er, und Hy- men sein Bruder.
Hiemit komme ich zu Euch, Ihr Ge- nien der Jünglingschaft, schönste Blüthe des menschlichen Lebens. Was Winkelmann von Euch in seinen schö- nen Träumen gedichtet hat, ist kein Traum; auch der Name Genius, den man euch gegeben, ist ein treffender Name: denn welcher holderen Idee könnte man am Ge- burtstage seines Daseyns opfern? So dachte sich die Natur ihre schönsten Kin- der, Engel in Menschengestalt oder viel- mehr Menschen, aus deren Gestalt man den Engel abzog. Süße Ruhe, holde Einfalt, ein nüchternes In sich gekehrt seyn, dem das Leben selbst noch wie ein Traum der Morgenröthe vorschwebet, die unbefleckte Rose der Jugend, die noch von keinem Sturm gebrochen, von
ein ſchoͤner Genius war er, und Hy- men ſein Bruder.
Hiemit komme ich zu Euch, Ihr Ge- nien der Juͤnglingſchaft, ſchoͤnſte Bluͤthe des menſchlichen Lebens. Was Winkelmann von Euch in ſeinen ſchoͤ- nen Traͤumen gedichtet hat, iſt kein Traum; auch der Name Genius, den man euch gegeben, iſt ein treffender Name: denn welcher holderen Idee koͤnnte man am Ge- burtstage ſeines Daſeyns opfern? So dachte ſich die Natur ihre ſchoͤnſten Kin- der, Engel in Menſchengeſtalt oder viel- mehr Menſchen, aus deren Geſtalt man den Engel abzog. Suͤße Ruhe, holde Einfalt, ein nuͤchternes In ſich gekehrt ſeyn, dem das Leben ſelbſt noch wie ein Traum der Morgenroͤthe vorſchwebet, die unbefleckte Roſe der Jugend, die noch von keinem Sturm gebrochen, von
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ein ſchoͤner Genius war er, und Hy-
men ſein Bruder.
Hiemit komme ich zu Euch, Ihr Ge-
nien der Juͤnglingſchaft, ſchoͤnſte
Bluͤthe des menſchlichen Lebens. Was
Winkelmann von Euch in ſeinen ſchoͤ-
nen Traͤumen gedichtet hat, iſt kein Traum;
auch der Name Genius, den man euch
gegeben, iſt ein treffender Name: denn
welcher holderen Idee koͤnnte man am Ge-
burtstage ſeines Daſeyns opfern? So
dachte ſich die Natur ihre ſchoͤnſten Kin-
der, Engel in Menſchengeſtalt oder viel-
mehr Menſchen, aus deren Geſtalt man
den Engel abzog. Suͤße Ruhe, holde
Einfalt, ein nuͤchternes In ſich gekehrt
ſeyn, dem das Leben ſelbſt noch wie ein
Traum der Morgenroͤthe vorſchwebet, die
unbefleckte Roſe der Jugend, die
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/28>, abgerufen am 16.07.2024.
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