den Vaterstadt enthalten, der er damit gleichsam sein Herz vermacht hat. Lesen Sie, was sein und mein Freund, der mir die Bonhommien zusandte, von ihm schrieb: "Das Buch in ihre Hände zu wünschen, habe ich keinen andern Beruf, als die Liebe gegen unsern Freund, den ich allgemein geliebt, geschätzt und geehrt gesehen habe; aber von wenigen nach sei- nem ganzen Werth, und als Schriftsteller von sehr wenigen verstanden glaube. Die- sem seinem Buch also, dem eigensten Ei- genthum seines Geistes und Herzens, dem reifsten Nachlaß der Gedanken und Em- pfindungen, in denen und mit denen er Lebenslang lebte und wirkte, den er krank, schwächlich, und oft niedergeschlagenen Ge- müths auf den Altar des Vaterlandes als ein Andenken der Liebe gutmüthig nieder- legte, und gleich darauf mit seinem Tode
den Vaterſtadt enthalten, der er damit gleichſam ſein Herz vermacht hat. Leſen Sie, was ſein und mein Freund, der mir die Bonhommien zuſandte, von ihm ſchrieb: „Das Buch in ihre Haͤnde zu wuͤnſchen, habe ich keinen andern Beruf, als die Liebe gegen unſern Freund, den ich allgemein geliebt, geſchaͤtzt und geehrt geſehen habe; aber von wenigen nach ſei- nem ganzen Werth, und als Schriftſteller von ſehr wenigen verſtanden glaube. Die- ſem ſeinem Buch alſo, dem eigenſten Ei- genthum ſeines Geiſtes und Herzens, dem reifſten Nachlaß der Gedanken und Em- pfindungen, in denen und mit denen er Lebenslang lebte und wirkte, den er krank, ſchwaͤchlich, und oft niedergeſchlagenen Ge- muͤths auf den Altar des Vaterlandes als ein Andenken der Liebe gutmuͤthig nieder- legte, und gleich darauf mit ſeinem Tode
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den Vaterſtadt enthalten, der er damit
gleichſam ſein Herz vermacht hat. Leſen
Sie, was ſein und mein Freund, der mir
die Bonhommien zuſandte, von ihm
ſchrieb: „Das Buch in ihre Haͤnde zu
wuͤnſchen, habe ich keinen andern Beruf,
als die Liebe gegen unſern Freund, den
ich allgemein geliebt, geſchaͤtzt und geehrt
geſehen habe; aber von wenigen nach ſei-
nem ganzen Werth, und als Schriftſteller
von ſehr wenigen verſtanden glaube. Die-
ſem ſeinem Buch alſo, dem eigenſten Ei-
genthum ſeines Geiſtes und Herzens, dem
reifſten Nachlaß der Gedanken und Em-
pfindungen, in denen und mit denen er
Lebenslang lebte und wirkte, den er krank,
ſchwaͤchlich, und oft niedergeſchlagenen Ge-
muͤths auf den Altar des Vaterlandes als
ein Andenken der Liebe gutmuͤthig nieder-
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/209>, abgerufen am 16.02.2025.
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