seyn also weise, nicht wir. Selten habe man bei der Wissenschaft einen wahren Zweck; man lerne, um zu lernen, oder noch zu thörichtern Absichten. Das Band der Sprache sei zerrissen; und noch habe keine einzige Sprache ihre Vollkommenheit erreicht. Die Gebrechen, deren er die Religion zeihet, führt er nur kurz und mit Bedauren an, da sie zu offen am Ta- ge liegen. In der Politie meint er: nichts könne regieren, als das Rechte, niemand andre regieren, als der sich selbst zu regieren weiß. Menschen-Regierung sei die Kunst der Künste; ihr Zweck sei Friede. Mithin zeugen alle Kriege und Unordnungen der menschlichen Gesellschaft, daß diese Kunst noch nicht dasei; weder zu regieren, noch regiert zu werden wüß- ten die Menschen; von welchen Verderb- nissen er sowohl die Ursachen, als die
ſeyn alſo weiſe, nicht wir. Selten habe man bei der Wiſſenſchaft einen wahren Zweck; man lerne, um zu lernen, oder noch zu thoͤrichtern Abſichten. Das Band der Sprache ſei zerriſſen; und noch habe keine einzige Sprache ihre Vollkommenheit erreicht. Die Gebrechen, deren er die Religion zeihet, fuͤhrt er nur kurz und mit Bedauren an, da ſie zu offen am Ta- ge liegen. In der Politie meint er: nichts koͤnne regieren, als das Rechte, niemand andre regieren, als der ſich ſelbſt zu regieren weiß. Menſchen-Regierung ſei die Kunſt der Kuͤnſte; ihr Zweck ſei Friede. Mithin zeugen alle Kriege und Unordnungen der menſchlichen Geſellſchaft, daß dieſe Kunſt noch nicht daſei; weder zu regieren, noch regiert zu werden wuͤß- ten die Menſchen; von welchen Verderb- niſſen er ſowohl die Urſachen, als die
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ſeyn alſo weiſe, nicht wir. Selten habe
man bei der Wiſſenſchaft einen wahren
Zweck; man lerne, um zu lernen, oder
noch zu thoͤrichtern Abſichten. Das Band
der Sprache ſei zerriſſen; und noch habe
keine einzige Sprache ihre Vollkommenheit
erreicht. Die Gebrechen, deren er die
Religion zeihet, fuͤhrt er nur kurz und
mit Bedauren an, da ſie zu offen am Ta-
ge liegen. In der Politie meint er:
nichts koͤnne regieren, als das Rechte,
niemand andre regieren, als der ſich ſelbſt
zu regieren weiß. Menſchen-Regierung
ſei die Kunſt der Kuͤnſte; ihr Zweck ſei
Friede. Mithin zeugen alle Kriege und
Unordnungen der menſchlichen Geſellſchaft,
daß dieſe Kunſt noch nicht daſei; weder
zu regieren, noch regiert zu werden wuͤß-
ten die Menſchen; von welchen Verderb-
niſſen er ſowohl die Urſachen, als die
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/58>, abgerufen am 23.07.2024.
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