den, die er an Kaiser, Könige, Päpste, Car- dinäle, Bischöfe und Fürsten schrieb! und welche Art, in der sie aufgenommen wur- den! Keine Veränderung der päpstlichen und bürgerlichen Welt, die einigermaaßen sein Italien betraf, ging vor, ohne daß er den lebhaftesten Antheil daran genommen hätte; eben weil sein Vaterland so ganz in seinem Herzen wohnte. Vergleicht man in diesem Punkt, im Punkt der Achtung nämlich, die man dem hellen Verstande, der reinen Wis- senschaft Petrarca's erwies, seine Zeiten mit den unsrigen; welche soll man barbarisch nen- nen? Dort hatte man wenigstens eine Ach- tung für den Verständigen, der, obwohl blos ein Mann der Wissenschaft und kein Staatsdiener, bei öffentlichen Anläßen an- munterte, rieth, warnte, lehrte; jetzt würde dem Petrarca selbst schon der poetische Lor- beerkranz auf seinem Schädel allenthalben
den, die er an Kaiſer, Koͤnige, Paͤpſte, Car- dinaͤle, Biſchoͤfe und Fuͤrſten ſchrieb! und welche Art, in der ſie aufgenommen wur- den! Keine Veraͤnderung der paͤpſtlichen und buͤrgerlichen Welt, die einigermaaßen ſein Italien betraf, ging vor, ohne daß er den lebhafteſten Antheil daran genommen haͤtte; eben weil ſein Vaterland ſo ganz in ſeinem Herzen wohnte. Vergleicht man in dieſem Punkt, im Punkt der Achtung naͤmlich, die man dem hellen Verſtande, der reinen Wiſ- ſenſchaft Petrarca's erwies, ſeine Zeiten mit den unſrigen; welche ſoll man barbariſch nen- nen? Dort hatte man wenigſtens eine Ach- tung fuͤr den Verſtaͤndigen, der, obwohl blos ein Mann der Wiſſenſchaft und kein Staatsdiener, bei oͤffentlichen Anlaͤßen an- munterte, rieth, warnte, lehrte; jetzt wuͤrde dem Petrarca ſelbſt ſchon der poetiſche Lor- beerkranz auf ſeinem Schaͤdel allenthalben
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den, die er an Kaiſer, Koͤnige, Paͤpſte, Car-
dinaͤle, Biſchoͤfe und Fuͤrſten ſchrieb! und
welche Art, in der ſie aufgenommen wur-
den! Keine Veraͤnderung der paͤpſtlichen und
buͤrgerlichen Welt, die einigermaaßen ſein
Italien betraf, ging vor, ohne daß er den
lebhafteſten Antheil daran genommen haͤtte;
eben weil ſein Vaterland ſo ganz in ſeinem
Herzen wohnte. Vergleicht man in dieſem
Punkt, im Punkt der Achtung naͤmlich, die
man dem hellen Verſtande, der reinen Wiſ-
ſenſchaft Petrarca's erwies, ſeine Zeiten mit
den unſrigen; welche ſoll man barbariſch nen-
nen? Dort hatte man wenigſtens eine Ach-
tung fuͤr den Verſtaͤndigen, der, obwohl
blos ein Mann der Wiſſenſchaft und kein
Staatsdiener, bei oͤffentlichen Anlaͤßen an-
munterte, rieth, warnte, lehrte; jetzt wuͤrde
dem Petrarca ſelbſt ſchon der poetiſche Lor-
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/30>, abgerufen am 16.07.2024.
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