Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 4. Riga, 1794.Liebeschwellend empor; von athmenden Blüthen Aber der Menschen holdes Geschlecht; wie seh' ich sie traurig Jene Gefilde durchwandeln! Wie fremd' am Blick und von Ansehn! Wohin wendt sich ihr trüberes Aug'? Ach, hin zu den Scenen Voll des Mordes und Bluts! O ruft die Sinnen zurücke! Warum sie tauchen in Gräul und Elend der Menschen? Wer wird euch Künftig erwecken die Brust zu sanftern, hol- dern Gefühlen? Wird dann das beste Glück des Lebens, die Freiheit, so theuer, I 3
Liebeſchwellend empor; von athmenden Bluͤthen Aber der Menſchen holdes Geſchlecht; wie ſeh' ich ſie traurig Jene Gefilde durchwandeln! Wie fremd' am Blick und von Anſehn! Wohin wendt ſich ihr truͤberes Aug'? Ach, hin zu den Scenen Voll des Mordes und Bluts! O ruft die Sinnen zuruͤcke! Warum ſie tauchen in Graͤul und Elend der Menſchen? Wer wird euch Kuͤnftig erwecken die Bruſt zu ſanftern, hol- dern Gefuͤhlen? Wird dann das beſte Gluͤck des Lebens, die Freiheit, ſo theuer, I 3
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Liebeſchwellend empor; von athmenden Bluͤthen
und Zweigen
Haucht balſamiſcher Duft umher durch die
Luͤfte, und leiſe
Regt ſich die ſchweigende Nacht mit Thaube-
feuchteten Schwingen.
Aber der Menſchen holdes Geſchlecht; wie
ſeh' ich ſie traurig
Jene Gefilde durchwandeln! Wie fremd' am
Blick und von Anſehn!
Wohin wendt ſich ihr truͤberes Aug'? Ach,
hin zu den Scenen
Voll des Mordes und Bluts! O ruft die
Sinnen zuruͤcke!
Warum ſie tauchen in Graͤul und Elend der
Menſchen? Wer wird euch
Kuͤnftig erwecken die Bruſt zu ſanftern, hol-
dern Gefuͤhlen?
Wird dann das beſte Gluͤck des Lebens, die
Freiheit, ſo theuer,
I 3
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