Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

2. Auch ist Humanität Ihnen nicht
bloß jene leichte Geselligkeit, ein sanftes
Zuvorkommen im Umgange, so viel
Reize dies auch dem täglichen Leben ge-
währet. Vielmehr ist sie, subjectiv be-
trachtet,

3. Ein Gefühl der menschlichen
Natur in ihrer Stärke und Schwä
-
che, in Mängeln und Vollkommen-
heiten, nicht ohne Thätigkeit, nicht
ohne Einsicht
. Was zum Charakter un-
sres Geschlechts gehört, jede mögliche Aus-
bildung und Vervollkommung desselben, dies
ist das Objekt, das der humane Mann vor
sich hat, wornach er strebet, wozu er wir-
ket. Da unser Geschlecht selbst aus sich
machen muß, was aus ihm werden kann
und soll: so darf keiner, der zu ihm gehört,
dabei müssig bleiben. Er muß am Wohl
und Weh des Ganzen Theil nehmen, und

D 2

2. Auch iſt Humanitaͤt Ihnen nicht
bloß jene leichte Geſelligkeit, ein ſanftes
Zuvorkommen im Umgange, ſo viel
Reize dies auch dem taͤglichen Leben ge-
waͤhret. Vielmehr iſt ſie, ſubjectiv be-
trachtet,

3. Ein Gefuͤhl der menſchlichen
Natur in ihrer Staͤrke und Schwaͤ
-
che, in Maͤngeln und Vollkommen-
heiten, nicht ohne Thaͤtigkeit, nicht
ohne Einſicht
. Was zum Charakter un-
ſres Geſchlechts gehoͤrt, jede moͤgliche Aus-
bildung und Vervollkommung deſſelben, dies
iſt das Objekt, das der humane Mann vor
ſich hat, wornach er ſtrebet, wozu er wir-
ket. Da unſer Geſchlecht ſelbſt aus ſich
machen muß, was aus ihm werden kann
und ſoll: ſo darf keiner, der zu ihm gehoͤrt,
dabei muͤſſig bleiben. Er muß am Wohl
und Weh des Ganzen Theil nehmen, und

D 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0060" n="51"/>
        <p>2. Auch i&#x017F;t Humanita&#x0364;t Ihnen nicht<lb/>
bloß jene leichte <hi rendition="#g">Ge&#x017F;elligkeit</hi>, ein &#x017F;anftes<lb/><hi rendition="#g">Zuvorkommen im Umgange</hi>, &#x017F;o viel<lb/>
Reize dies auch dem ta&#x0364;glichen Leben ge-<lb/>
wa&#x0364;hret. Vielmehr i&#x017F;t &#x017F;ie, &#x017F;ubjectiv be-<lb/>
trachtet,</p><lb/>
        <p>3. Ein <hi rendition="#g">Gefu&#x0364;hl der men&#x017F;chlichen<lb/>
Natur in ihrer Sta&#x0364;rke und Schwa&#x0364;</hi>-<lb/><hi rendition="#g">che</hi>, <hi rendition="#g">in Ma&#x0364;ngeln und Vollkommen</hi>-<lb/><hi rendition="#g">heiten</hi>, <hi rendition="#g">nicht ohne Tha&#x0364;tigkeit</hi>, <hi rendition="#g">nicht<lb/>
ohne Ein&#x017F;icht</hi>. Was zum Charakter un-<lb/>
&#x017F;res Ge&#x017F;chlechts geho&#x0364;rt, jede mo&#x0364;gliche Aus-<lb/>
bildung und Vervollkommung de&#x017F;&#x017F;elben, dies<lb/>
i&#x017F;t das Objekt, das der humane Mann vor<lb/>
&#x017F;ich hat, wornach er &#x017F;trebet, wozu er wir-<lb/>
ket. Da un&#x017F;er Ge&#x017F;chlecht &#x017F;elb&#x017F;t aus &#x017F;ich<lb/>
machen muß, was aus ihm werden kann<lb/>
und &#x017F;oll: &#x017F;o darf keiner, der zu ihm geho&#x0364;rt,<lb/>
dabei mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig bleiben. Er muß am Wohl<lb/>
und Weh des Ganzen Theil nehmen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0060] 2. Auch iſt Humanitaͤt Ihnen nicht bloß jene leichte Geſelligkeit, ein ſanftes Zuvorkommen im Umgange, ſo viel Reize dies auch dem taͤglichen Leben ge- waͤhret. Vielmehr iſt ſie, ſubjectiv be- trachtet, 3. Ein Gefuͤhl der menſchlichen Natur in ihrer Staͤrke und Schwaͤ- che, in Maͤngeln und Vollkommen- heiten, nicht ohne Thaͤtigkeit, nicht ohne Einſicht. Was zum Charakter un- ſres Geſchlechts gehoͤrt, jede moͤgliche Aus- bildung und Vervollkommung deſſelben, dies iſt das Objekt, das der humane Mann vor ſich hat, wornach er ſtrebet, wozu er wir- ket. Da unſer Geſchlecht ſelbſt aus ſich machen muß, was aus ihm werden kann und ſoll: ſo darf keiner, der zu ihm gehoͤrt, dabei muͤſſig bleiben. Er muß am Wohl und Weh des Ganzen Theil nehmen, und D 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/60
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/60>, abgerufen am 24.11.2024.