Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.-- Wie sie, gleich den Blättern des Baums, jetzt grünen und frisch sind, Von den Früchten der Erde sich nährend; dann aber in Kurzem Welken und fallen entseelet dahin -- Oder wenn Jupiter selbst die unsterb- lichen Rosse Achills bedauret, die um ih- ren Gebieter trauren: -- Er sprach im Innern der Seele: Arme, warum doch gaben wir euch dem Könige Peleus, Einem Sterblichen, Euch, die niemals altern und sterben? Wars, mit den unglückseligen Menschen euch leiden zu sehen? Denn elender ist nirgend ein Wesen, als es der Mensch ist; Keines von allen, die über der Erde sich regen und athmen. -- In demselben Ton singen ihre lyrische — Wie ſie, gleich den Blaͤttern des Baums, jetzt gruͤnen und friſch ſind, Von den Fruͤchten der Erde ſich naͤhrend; dann aber in Kurzem Welken und fallen entſeelet dahin — Oder wenn Jupiter ſelbſt die unſterb- lichen Roſſe Achills bedauret, die um ih- ren Gebieter trauren: — Er ſprach im Innern der Seele: Arme, warum doch gaben wir euch dem Koͤnige Peleus, Einem Sterblichen, Euch, die niemals altern und ſterben? Wars, mit den ungluͤckſeligen Menſchen euch leiden zu ſehen? Denn elender iſt nirgend ein Weſen, als es der Menſch iſt; Keines von allen, die uͤber der Erde ſich regen und athmen. — In demſelben Ton ſingen ihre lyriſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="14"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>— Wie ſie, gleich den Blaͤttern des Baums,</l><lb/> <l>jetzt gruͤnen und friſch ſind,</l><lb/> <l>Von den Fruͤchten der Erde ſich naͤhrend; dann</l><lb/> <l>aber in Kurzem</l><lb/> <l>Welken und fallen entſeelet dahin —</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Oder wenn Jupiter ſelbſt die unſterb-</l><lb/> <l>lichen Roſſe Achills bedauret, die um ih-</l><lb/> <l>ren Gebieter trauren:</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>— Er ſprach im Innern der Seele:</l><lb/> <l>Arme, warum doch gaben wir euch dem Koͤnige</l><lb/> <l>Peleus,</l><lb/> <l>Einem Sterblichen, Euch, die niemals altern</l><lb/> <l>und ſterben?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wars, mit den ungluͤckſeligen Menſchen euch</l><lb/> <l>leiden zu ſehen?</l><lb/> <l>Denn elender iſt nirgend ein Weſen, als es</l><lb/> <l>der Menſch iſt;</l><lb/> <l>Keines von allen, die uͤber der Erde ſich regen</l><lb/> <l>und athmen. —</l> </lg> </lg><lb/> <p>In demſelben Ton ſingen ihre lyriſche<lb/> Dichter.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [14/0023]
— Wie ſie, gleich den Blaͤttern des Baums,
jetzt gruͤnen und friſch ſind,
Von den Fruͤchten der Erde ſich naͤhrend; dann
aber in Kurzem
Welken und fallen entſeelet dahin —
Oder wenn Jupiter ſelbſt die unſterb-
lichen Roſſe Achills bedauret, die um ih-
ren Gebieter trauren:
— Er ſprach im Innern der Seele:
Arme, warum doch gaben wir euch dem Koͤnige
Peleus,
Einem Sterblichen, Euch, die niemals altern
und ſterben?
Wars, mit den ungluͤckſeligen Menſchen euch
leiden zu ſehen?
Denn elender iſt nirgend ein Weſen, als es
der Menſch iſt;
Keines von allen, die uͤber der Erde ſich regen
und athmen. —
In demſelben Ton ſingen ihre lyriſche
Dichter.
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/23>, abgerufen am 22.07.2024. |