Ausbildung ja uns allein überlassen ward? Dem trägen Erdklos hauche Othem des Lebens ein; er wird sich munter bewegen, und dir frölich danken.
Ists gnug, auch in der Regierung der Völker Uebel zu bedauren, die wir heilen, denen wir zuvorkommen können? Laßet Stände, laßet Menschen in allen Aemtern und Bedienungen human und gerecht, groß, gut und billig denken; der Regent kann nicht anders, als mit und gleich ihnen den- ken. Denn nur aus einzelnen Theilen be- steht das Ganze; verbessern sich die Theile, und halten zusammen; das Ganze wird gut, ehe mans merket.
Tadeln Sie mir also nicht meine Phi- losophen, auch bei ihren kränklichen Kla- gen, oder bei ihren überspannten Wün- schen. Ist nicht der kränkliche Theil des Körpers der Witterung am meisten em-
Ausbildung ja uns allein uͤberlaſſen ward? Dem traͤgen Erdklos hauche Othem des Lebens ein; er wird ſich munter bewegen, und dir froͤlich danken.
Iſts gnug, auch in der Regierung der Voͤlker Uebel zu bedauren, die wir heilen, denen wir zuvorkommen koͤnnen? Laßet Staͤnde, laßet Menſchen in allen Aemtern und Bedienungen human und gerecht, groß, gut und billig denken; der Regent kann nicht anders, als mit und gleich ihnen den- ken. Denn nur aus einzelnen Theilen be- ſteht das Ganze; verbeſſern ſich die Theile, und halten zuſammen; das Ganze wird gut, ehe mans merket.
Tadeln Sie mir alſo nicht meine Phi- loſophen, auch bei ihren kraͤnklichen Kla- gen, oder bei ihren uͤberſpannten Wuͤn- ſchen. Iſt nicht der kraͤnkliche Theil des Koͤrpers der Witterung am meiſten em-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0091"n="86"/>
Ausbildung ja uns allein uͤberlaſſen ward?<lb/>
Dem traͤgen Erdklos hauche Othem des<lb/>
Lebens ein; er wird ſich munter bewegen,<lb/>
und dir froͤlich danken.</p><lb/><p>Iſts gnug, auch in der Regierung der<lb/>
Voͤlker Uebel zu bedauren, die wir heilen,<lb/>
denen wir zuvorkommen koͤnnen? Laßet<lb/>
Staͤnde, laßet Menſchen in allen Aemtern<lb/>
und Bedienungen human und gerecht, groß,<lb/>
gut und billig denken; der Regent kann<lb/>
nicht anders, als mit und gleich ihnen den-<lb/>
ken. Denn nur aus einzelnen Theilen be-<lb/>ſteht das Ganze; verbeſſern ſich die Theile,<lb/>
und halten zuſammen; das Ganze wird<lb/>
gut, ehe mans merket.</p><lb/><p>Tadeln Sie mir alſo nicht meine Phi-<lb/>
loſophen, auch bei ihren kraͤnklichen Kla-<lb/>
gen, oder bei ihren uͤberſpannten Wuͤn-<lb/>ſchen. Iſt nicht der kraͤnkliche Theil des<lb/>
Koͤrpers der Witterung am meiſten em-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0091]
Ausbildung ja uns allein uͤberlaſſen ward?
Dem traͤgen Erdklos hauche Othem des
Lebens ein; er wird ſich munter bewegen,
und dir froͤlich danken.
Iſts gnug, auch in der Regierung der
Voͤlker Uebel zu bedauren, die wir heilen,
denen wir zuvorkommen koͤnnen? Laßet
Staͤnde, laßet Menſchen in allen Aemtern
und Bedienungen human und gerecht, groß,
gut und billig denken; der Regent kann
nicht anders, als mit und gleich ihnen den-
ken. Denn nur aus einzelnen Theilen be-
ſteht das Ganze; verbeſſern ſich die Theile,
und halten zuſammen; das Ganze wird
gut, ehe mans merket.
Tadeln Sie mir alſo nicht meine Phi-
loſophen, auch bei ihren kraͤnklichen Kla-
gen, oder bei ihren uͤberſpannten Wuͤn-
ſchen. Iſt nicht der kraͤnkliche Theil des
Koͤrpers der Witterung am meiſten em-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/91>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.