Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.unserm Europa. Wir haben schwache Re- "Ich wünsche der französischen Nation unſerm Europa. Wir haben ſchwache Re- „Ich wuͤnſche der franzoͤſiſchen Nation <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="72"/> unſerm Europa. Wir haben ſchwache Re-<lb/> genten, nicht aber Ungeheuer, wie im<lb/> 14ten und 15ten Jahrhundert. Schwaͤche<lb/> iſt ein unverbeßerlicher Fehler; man muß<lb/> ſich deßhalb an die Natur, nicht an die<lb/> Perſon halten. Ich gebe zu, ſie thun aus<lb/> Schwachheit Boͤſes; in Erbreichen iſts aber<lb/> einmal ein nothwendiges Uebel, daß auch<lb/> ſolche Weſen an der Spitze der Nation<lb/> ſtehen: denn in keiner Familie folgen große<lb/> Maͤnner in Einer Reihe unverruͤckt auf ein-<lb/> ander. Glaubt mir! menſchliche Einrich-<lb/> tungen werden nie zu einem gewiſſen Grade<lb/> der Vollkommenheit kommen; man muß ſich<lb/> mit dem <hi rendition="#g">Beinahe</hi> gnuͤgen, und gegen un-<lb/> abaͤnderliche Mißbraͤuche nicht gewaltſam<lb/> declamiren.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>„Ich wuͤnſche der franzoͤſiſchen Nation<lb/> Gluͤck uͤber die Wahl, die Ludwig <hi rendition="#aq">XVI.</hi> an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0077]
unſerm Europa. Wir haben ſchwache Re-
genten, nicht aber Ungeheuer, wie im
14ten und 15ten Jahrhundert. Schwaͤche
iſt ein unverbeßerlicher Fehler; man muß
ſich deßhalb an die Natur, nicht an die
Perſon halten. Ich gebe zu, ſie thun aus
Schwachheit Boͤſes; in Erbreichen iſts aber
einmal ein nothwendiges Uebel, daß auch
ſolche Weſen an der Spitze der Nation
ſtehen: denn in keiner Familie folgen große
Maͤnner in Einer Reihe unverruͤckt auf ein-
ander. Glaubt mir! menſchliche Einrich-
tungen werden nie zu einem gewiſſen Grade
der Vollkommenheit kommen; man muß ſich
mit dem Beinahe gnuͤgen, und gegen un-
abaͤnderliche Mißbraͤuche nicht gewaltſam
declamiren.
„Ich wuͤnſche der franzoͤſiſchen Nation
Gluͤck uͤber die Wahl, die Ludwig XVI. an
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