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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

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werden, um das ehrbare Handwerk der
Straßenräuber zu treiben? Die Philosophen
müßen Missionare auf Bekehrungen aus-
schicken, um unvermerkt die Staaten von
den großen Armeen zu entladen, die sie in
den Abgrund stürzen, daß nach und nach
keiner übrig sey, der sich schlage. Kein
Landesherr, kein Volk wird sodann die un-
glückliche Leidenschaft zu kriegen mehr haben,
deren Folgen so verderblich sind; jedermann
wird eine Vernunft äußern, so vollkommen
als eine geometrische Demonstration. Ich
bedaure sehr, daß mein Alter mich eines
so schönen Anblicks beraubet, von dem ich
nicht einmal die Morgenröthe erleben wer-
de. Beklagen wird man mich und meine
Zeitgenoßen, daß wir in einem Jahrhun-
dert der Finsterniß lebten, an dessen Ende
zuerst die Dämmerung der vervollkommeten
Vernunft anbrach. Alles hängt ja von der

werden, um das ehrbare Handwerk der
Straßenraͤuber zu treiben? Die Philoſophen
muͤßen Miſſionare auf Bekehrungen aus-
ſchicken, um unvermerkt die Staaten von
den großen Armeen zu entladen, die ſie in
den Abgrund ſtuͤrzen, daß nach und nach
keiner uͤbrig ſey, der ſich ſchlage. Kein
Landesherr, kein Volk wird ſodann die un-
gluͤckliche Leidenſchaft zu kriegen mehr haben,
deren Folgen ſo verderblich ſind; jedermann
wird eine Vernunft aͤußern, ſo vollkommen
als eine geometriſche Demonſtration. Ich
bedaure ſehr, daß mein Alter mich eines
ſo ſchoͤnen Anblicks beraubet, von dem ich
nicht einmal die Morgenroͤthe erleben wer-
de. Beklagen wird man mich und meine
Zeitgenoßen, daß wir in einem Jahrhun-
dert der Finſterniß lebten, an deſſen Ende
zuerſt die Daͤmmerung der vervollkommeten
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[68/0073] werden, um das ehrbare Handwerk der Straßenraͤuber zu treiben? Die Philoſophen muͤßen Miſſionare auf Bekehrungen aus- ſchicken, um unvermerkt die Staaten von den großen Armeen zu entladen, die ſie in den Abgrund ſtuͤrzen, daß nach und nach keiner uͤbrig ſey, der ſich ſchlage. Kein Landesherr, kein Volk wird ſodann die un- gluͤckliche Leidenſchaft zu kriegen mehr haben, deren Folgen ſo verderblich ſind; jedermann wird eine Vernunft aͤußern, ſo vollkommen als eine geometriſche Demonſtration. Ich bedaure ſehr, daß mein Alter mich eines ſo ſchoͤnen Anblicks beraubet, von dem ich nicht einmal die Morgenroͤthe erleben wer- de. Beklagen wird man mich und meine Zeitgenoßen, daß wir in einem Jahrhun- dert der Finſterniß lebten, an deſſen Ende zuerſt die Daͤmmerung der vervollkommeten Vernunft anbrach. Alles haͤngt ja von der

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/73>, abgerufen am 28.11.2024.