Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ihr habt Recht, daß die, die am
consequentsten handeln sollten, d. i., die
Königreiche regieren, und mit Einem Wort
über das Glück und Unglück der Völker ent-
scheiden, oft die sind, die sich am meisten
dem Ungefähr überlaßen. Das macht, diese
Könige, Fürsten, Minister sind Menschen
wie andre; der ganze Unterschied, den das
Glück zwischen sie und Leute von geringerem
Range gesetzt hat, ist, daß sie wichtigere
Geschäfte betreiben. Ein Stral Wasser,
der drei Fuß, ein andrer, der hundert Fuß
hoch steigt, sind beides Wasserstralen, nur
mit verschiedner Kraft emporgetrieben. Eine
Königinn von England, mit einem weib-
lichen Hofe umgeben, wird in ihrer Regie-
rung immer etwas Weibliches zeigen, Phan-
tasieen und Launen." (1738.)



„Ihr habt Recht, daß die, die am
conſequentſten handeln ſollten, d. i., die
Koͤnigreiche regieren, und mit Einem Wort
uͤber das Gluͤck und Ungluͤck der Voͤlker ent-
ſcheiden, oft die ſind, die ſich am meiſten
dem Ungefaͤhr uͤberlaßen. Das macht, dieſe
Koͤnige, Fuͤrſten, Miniſter ſind Menſchen
wie andre; der ganze Unterſchied, den das
Gluͤck zwiſchen ſie und Leute von geringerem
Range geſetzt hat, iſt, daß ſie wichtigere
Geſchaͤfte betreiben. Ein Stral Waſſer,
der drei Fuß, ein andrer, der hundert Fuß
hoch ſteigt, ſind beides Waſſerſtralen, nur
mit verſchiedner Kraft emporgetrieben. Eine
Koͤniginn von England, mit einem weib-
lichen Hofe umgeben, wird in ihrer Regie-
rung immer etwas Weibliches zeigen, Phan-
taſieen und Launen.“ (1738.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0066" n="61"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>&#x201E;Ihr habt Recht, daß die, die am<lb/>
con&#x017F;equent&#x017F;ten handeln &#x017F;ollten, d. i., die<lb/>
Ko&#x0364;nigreiche regieren, und mit Einem Wort<lb/>
u&#x0364;ber das Glu&#x0364;ck und Unglu&#x0364;ck der Vo&#x0364;lker ent-<lb/>
&#x017F;cheiden, oft die &#x017F;ind, die &#x017F;ich am mei&#x017F;ten<lb/>
dem Ungefa&#x0364;hr u&#x0364;berlaßen. Das macht, die&#x017F;e<lb/>
Ko&#x0364;nige, Fu&#x0364;r&#x017F;ten, Mini&#x017F;ter &#x017F;ind Men&#x017F;chen<lb/>
wie andre; der ganze Unter&#x017F;chied, den das<lb/>
Glu&#x0364;ck zwi&#x017F;chen &#x017F;ie und Leute von geringerem<lb/>
Range ge&#x017F;etzt hat, i&#x017F;t, daß &#x017F;ie wichtigere<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;fte betreiben. Ein Stral Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
der drei Fuß, ein andrer, der hundert Fuß<lb/>
hoch &#x017F;teigt, &#x017F;ind beides Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tralen, nur<lb/>
mit ver&#x017F;chiedner Kraft emporgetrieben. Eine<lb/>
Ko&#x0364;niginn von England, mit einem weib-<lb/>
lichen Hofe umgeben, wird in ihrer Regie-<lb/>
rung immer etwas Weibliches zeigen, Phan-<lb/>
ta&#x017F;ieen und Launen.&#x201C; (1738.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0066] „Ihr habt Recht, daß die, die am conſequentſten handeln ſollten, d. i., die Koͤnigreiche regieren, und mit Einem Wort uͤber das Gluͤck und Ungluͤck der Voͤlker ent- ſcheiden, oft die ſind, die ſich am meiſten dem Ungefaͤhr uͤberlaßen. Das macht, dieſe Koͤnige, Fuͤrſten, Miniſter ſind Menſchen wie andre; der ganze Unterſchied, den das Gluͤck zwiſchen ſie und Leute von geringerem Range geſetzt hat, iſt, daß ſie wichtigere Geſchaͤfte betreiben. Ein Stral Waſſer, der drei Fuß, ein andrer, der hundert Fuß hoch ſteigt, ſind beides Waſſerſtralen, nur mit verſchiedner Kraft emporgetrieben. Eine Koͤniginn von England, mit einem weib- lichen Hofe umgeben, wird in ihrer Regie- rung immer etwas Weibliches zeigen, Phan- taſieen und Launen.“ (1738.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/66
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/66>, abgerufen am 05.12.2024.