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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

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Ein Prinz von 23 Jahren, der Erbe
eines königlichen Thrones, sucht in weiter
Entfernung den Mann auf, den er für den
ersten Schriftsteller seiner Zeit hält, in dem
er, wie er selbst sagt, "nicht nur Schätze
"des Geistes, Stücke mit so viel Geschmack,
"Delicateße und Kunst gearbeitet, daß ihre
"Schönheiten bei jedem neuen Lesen neu
"scheinen, sondern auch jene Philoso-
"phie" findet, die unser königliche Jüng-
ling insonderheit werth hält. Er übersendet
ihm seinen Wolf, erbittet sich dagegen
seine Schriften, seinen Unterricht in Brie-
fen, und wird ein Schüler des Philosophen,
nicht aus Eitelkeit, sondern ernst und be-
scheiden. "Autoren, sagt er, sind die Ge-
setzgeber des menschlichen Geschlechts; ihre
Schriften verbreiten sich in alle Theile der
Welt; sie manifestiren Ideen, die andre
sich einprägen. Ist in ihnen Stärke des

Ein Prinz von 23 Jahren, der Erbe
eines koͤniglichen Thrones, ſucht in weiter
Entfernung den Mann auf, den er fuͤr den
erſten Schriftſteller ſeiner Zeit haͤlt, in dem
er, wie er ſelbſt ſagt, „nicht nur Schaͤtze
„des Geiſtes, Stuͤcke mit ſo viel Geſchmack,
„Delicateße und Kunſt gearbeitet, daß ihre
„Schoͤnheiten bei jedem neuen Leſen neu
„ſcheinen, ſondern auch jene Philoſo-
phie“ findet, die unſer koͤnigliche Juͤng-
ling inſonderheit werth haͤlt. Er uͤberſendet
ihm ſeinen Wolf, erbittet ſich dagegen
ſeine Schriften, ſeinen Unterricht in Brie-
fen, und wird ein Schuͤler des Philoſophen,
nicht aus Eitelkeit, ſondern ernſt und be-
ſcheiden. „Autoren, ſagt er, ſind die Ge-
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[68/0075] Ein Prinz von 23 Jahren, der Erbe eines koͤniglichen Thrones, ſucht in weiter Entfernung den Mann auf, den er fuͤr den erſten Schriftſteller ſeiner Zeit haͤlt, in dem er, wie er ſelbſt ſagt, „nicht nur Schaͤtze „des Geiſtes, Stuͤcke mit ſo viel Geſchmack, „Delicateße und Kunſt gearbeitet, daß ihre „Schoͤnheiten bei jedem neuen Leſen neu „ſcheinen, ſondern auch jene Philoſo- „phie“ findet, die unſer koͤnigliche Juͤng- ling inſonderheit werth haͤlt. Er uͤberſendet ihm ſeinen Wolf, erbittet ſich dagegen ſeine Schriften, ſeinen Unterricht in Brie- fen, und wird ein Schuͤler des Philoſophen, nicht aus Eitelkeit, ſondern ernſt und be- ſcheiden. „Autoren, ſagt er, ſind die Ge- ſetzgeber des menſchlichen Geſchlechts; ihre Schriften verbreiten ſich in alle Theile der Welt; ſie manifeſtiren Ideen, die andre ſich einpraͤgen. Iſt in ihnen Staͤrke des

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/75>, abgerufen am 22.11.2024.