Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite
Oft wann in schauervoller Nacht
Ihr Schutzgeist ihren Schutt umflieget,
Stillschweigend übersieht, wie Rom im Staube
lieget,
In Trümmern seiner alten Pracht;
Und dann die großen Thaten denkt,
Die sein geliebtes Volk vollbrachte,
So lang' fürs Vaterland der Bürger Liebe
wachte,
Von niedrer Absicht unbeschränkt:
Als alles fremden Goldes Feind,
Ein Curius und Scipione
Und die Fabricier und männliche Catone
Noch lebten, mit dem Staat vereint:
Dann klagt er laut: "sie sind nicht mehr!"
Des Kolosseums öde Mauern
Beginnen rund umher antwortend mit zu
trauern,
Tiefbrausend wie ein stürmisch Meer:
Oft wann in ſchauervoller Nacht
Ihr Schutzgeiſt ihren Schutt umflieget,
Stillſchweigend uͤberſieht, wie Rom im Staube
lieget,
In Truͤmmern ſeiner alten Pracht;
Und dann die großen Thaten denkt,
Die ſein geliebtes Volk vollbrachte,
So lang' fuͤrs Vaterland der Buͤrger Liebe
wachte,
Von niedrer Abſicht unbeſchraͤnkt:
Als alles fremden Goldes Feind,
Ein Curius und Scipione
Und die Fabricier und maͤnnliche Catone
Noch lebten, mit dem Staat vereint:
Dann klagt er laut: „ſie ſind nicht mehr!“
Des Koloſſeums oͤde Mauern
Beginnen rund umher antwortend mit zu
trauern,
Tiefbrauſend wie ein ſtuͤrmiſch Meer:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <l>
            <pb facs="#f0063" n="56"/>
          </l>
          <lg n="16">
            <l>Oft wann in &#x017F;chauervoller Nacht</l><lb/>
            <l>Ihr Schutzgei&#x017F;t ihren Schutt umflieget,</l><lb/>
            <l>Still&#x017F;chweigend u&#x0364;ber&#x017F;ieht, wie Rom im Staube</l><lb/>
            <l>lieget,</l><lb/>
            <l>In Tru&#x0364;mmern &#x017F;einer alten Pracht;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l>Und dann die großen Thaten denkt,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ein geliebtes Volk vollbrachte,</l><lb/>
            <l>So lang' fu&#x0364;rs Vaterland der Bu&#x0364;rger Liebe</l><lb/>
            <l>wachte,</l><lb/>
            <l>Von niedrer Ab&#x017F;icht unbe&#x017F;chra&#x0364;nkt:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Als alles fremden Goldes Feind,</l><lb/>
            <l>Ein Curius und Scipione</l><lb/>
            <l>Und die Fabricier und ma&#x0364;nnliche Catone</l><lb/>
            <l>Noch lebten, mit dem Staat vereint:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="19">
            <l>Dann klagt er laut: &#x201E;&#x017F;ie &#x017F;ind nicht mehr!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Des Kolo&#x017F;&#x017F;eums o&#x0364;de Mauern</l><lb/>
            <l>Beginnen rund umher antwortend mit zu</l><lb/>
            <l>trauern,</l><lb/>
            <l>Tiefbrau&#x017F;end wie ein &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch Meer:</l>
          </lg><lb/>
          <l>
</l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0063] Oft wann in ſchauervoller Nacht Ihr Schutzgeiſt ihren Schutt umflieget, Stillſchweigend uͤberſieht, wie Rom im Staube lieget, In Truͤmmern ſeiner alten Pracht; Und dann die großen Thaten denkt, Die ſein geliebtes Volk vollbrachte, So lang' fuͤrs Vaterland der Buͤrger Liebe wachte, Von niedrer Abſicht unbeſchraͤnkt: Als alles fremden Goldes Feind, Ein Curius und Scipione Und die Fabricier und maͤnnliche Catone Noch lebten, mit dem Staat vereint: Dann klagt er laut: „ſie ſind nicht mehr!“ Des Koloſſeums oͤde Mauern Beginnen rund umher antwortend mit zu trauern, Tiefbrauſend wie ein ſtuͤrmiſch Meer:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/63
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/63>, abgerufen am 24.11.2024.