die größeste Rolle dabei spiele. Ich glaube nicht, daß ich es lange treiben werde; meine Gesundheit nimmt zusehends ab, und es kann leicht seyn, daß ich bald in das Land wandre, wo Gram und Schmerz, wo unsre Vergnügen und Hoffnungen uns nicht mehr folgen, wo man sich in dem Zustande findet, in dem man vor der Geburt war. Vielleicht belustigt Ihr euch bald mit meiner Grab- schrift, und gebt Rechenschaft von mir, wie Babouc dem Engel Ithuriel von Paris gab -- --"
Gnug. Muß man nicht unwillig wer- den, wenn man sieht, wie ein blühender Baum, eine so große, schöne Seele, nicht vom Sturme des Schicksals, sondern von giftigen Winden und Stürmen einer herrsch- süchtigen Politik weniger schlechter Menschen
so
die groͤßeſte Rolle dabei ſpiele. Ich glaube nicht, daß ich es lange treiben werde; meine Geſundheit nimmt zuſehends ab, und es kann leicht ſeyn, daß ich bald in das Land wandre, wo Gram und Schmerz, wo unſre Vergnuͤgen und Hoffnungen uns nicht mehr folgen, wo man ſich in dem Zuſtande findet, in dem man vor der Geburt war. Vielleicht beluſtigt Ihr euch bald mit meiner Grab- ſchrift, und gebt Rechenſchaft von mir, wie Babouc dem Engel Ithuriel von Paris gab — —“
Gnug. Muß man nicht unwillig wer- den, wenn man ſieht, wie ein bluͤhender Baum, eine ſo große, ſchoͤne Seele, nicht vom Sturme des Schickſals, ſondern von giftigen Winden und Stuͤrmen einer herrſch- ſuͤchtigen Politik weniger ſchlechter Menſchen
ſo
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die groͤßeſte Rolle dabei ſpiele. Ich glaube
nicht, daß ich es lange treiben werde; meine
Geſundheit nimmt zuſehends ab, und es
kann leicht ſeyn, daß ich bald in das Land
wandre, wo Gram und Schmerz, wo unſre
Vergnuͤgen und Hoffnungen uns nicht mehr
folgen, wo man ſich in dem Zuſtande findet,
in dem man vor der Geburt war. Vielleicht
beluſtigt Ihr euch bald mit meiner Grab-
ſchrift, und gebt Rechenſchaft von mir,
wie Babouc dem Engel Ithuriel von Paris
gab — —“
Gnug. Muß man nicht unwillig wer-
den, wenn man ſieht, wie ein bluͤhender
Baum, eine ſo große, ſchoͤne Seele, nicht
vom Sturme des Schickſals, ſondern von
giftigen Winden und Stuͤrmen einer herrſch-
ſuͤchtigen Politik weniger ſchlechter Menſchen
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/119>, abgerufen am 16.02.2025.
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