Blute zu baden, Tag für Tag wilder wer- den. Dauret dieser Krieg fort, so muß Europa in die Finsterniß der Unwissenheit zurückfallen, und unsre Zeitgenossen werden wilde Thiere. Es ist Zeit, diesen Scheuß- lichkeiten ein Ende zu machen. Alle dies Unglück ist eine Folge der Ehrsucht Oester- reichs und Frankreichs. Laß sie ihren un- geheuren Projekten Gränze setzen; laß, wenn die Vernunft sie nicht weise machen kann, sie durch die Erschöpfung ihrer Finanzen, durch den übeln Zustand ihrer Sachen weise werden! Erröthen mögen sie, wenn sie hören, daß der Himmel, der die Schwa- chen gegen den Anfall der Starken unter- stützt hat, den ersten auch Mäßigung gnug verlieh, um von ihrem Glück keinen Miß- brauch zu machen, und diesen den Frieden anzutragen. Das ist alles, was ein ar- mer, ermatteter, gereizter, gekratzter, ge-
Blute zu baden, Tag fuͤr Tag wilder wer- den. Dauret dieſer Krieg fort, ſo muß Europa in die Finſterniß der Unwiſſenheit zuruͤckfallen, und unſre Zeitgenoſſen werden wilde Thiere. Es iſt Zeit, dieſen Scheuß- lichkeiten ein Ende zu machen. Alle dies Ungluͤck iſt eine Folge der Ehrſucht Oeſter- reichs und Frankreichs. Laß ſie ihren un- geheuren Projekten Graͤnze ſetzen; laß, wenn die Vernunft ſie nicht weiſe machen kann, ſie durch die Erſchoͤpfung ihrer Finanzen, durch den uͤbeln Zuſtand ihrer Sachen weiſe werden! Erroͤthen moͤgen ſie, wenn ſie hoͤren, daß der Himmel, der die Schwa- chen gegen den Anfall der Starken unter- ſtuͤtzt hat, den erſten auch Maͤßigung gnug verlieh, um von ihrem Gluͤck keinen Miß- brauch zu machen, und dieſen den Frieden anzutragen. Das iſt alles, was ein ar- mer, ermatteter, gereizter, gekratzter, ge-
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Blute zu baden, Tag fuͤr Tag wilder wer-
den. Dauret dieſer Krieg fort, ſo muß
Europa in die Finſterniß der Unwiſſenheit
zuruͤckfallen, und unſre Zeitgenoſſen werden
wilde Thiere. Es iſt Zeit, dieſen Scheuß-
lichkeiten ein Ende zu machen. Alle dies
Ungluͤck iſt eine Folge der Ehrſucht Oeſter-
reichs und Frankreichs. Laß ſie ihren un-
geheuren Projekten Graͤnze ſetzen; laß, wenn
die Vernunft ſie nicht weiſe machen kann,
ſie durch die Erſchoͤpfung ihrer Finanzen,
durch den uͤbeln Zuſtand ihrer Sachen weiſe
werden! Erroͤthen moͤgen ſie, wenn ſie
hoͤren, daß der Himmel, der die Schwa-
chen gegen den Anfall der Starken unter-
ſtuͤtzt hat, den erſten auch Maͤßigung gnug
verlieh, um von ihrem Gluͤck keinen Miß-
brauch zu machen, und dieſen den Frieden
anzutragen. Das iſt alles, was ein ar-
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/115>, abgerufen am 16.02.2025.
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