Demosthenes den Atheniensern: wohl dann! wenn Philippus todt ist, was wäre es, ihr Athenienser? Ihr würdet euch bald einen andern Philippus machen. O Oestreicher, euer Hochmuth, eure Sucht alles zu be- herrschen, würden euch bald andre Feinde machen; der Freiheit Deutschlands und Europa's wird es nie an Vertheidigern fehlen!"
Indessen betrübt ihn der Tod seiner Schwester aufs zarteste, "für die er sein Le- ben unter diesen Unglücksfällen gern würde hingegeben haben."
Er wird geschlagen, und sagt, wie Franz: "Alles ging verlohren, nur nicht die Ehre."
"Je älter man wird, je mehr überredet man sich, daß die heilige Majestät, der Zufall, drei Viertheile dieser elenden Welt regieret, und daß die, die sich die Weisesten
Demoſthenes den Athenienſern: wohl dann! wenn Philippus todt iſt, was waͤre es, ihr Athenienſer? Ihr wuͤrdet euch bald einen andern Philippus machen. O Oeſtreicher, euer Hochmuth, eure Sucht alles zu be- herrſchen, wuͤrden euch bald andre Feinde machen; der Freiheit Deutſchlands und Europa's wird es nie an Vertheidigern fehlen!“
Indeſſen betruͤbt ihn der Tod ſeiner Schweſter aufs zarteſte, „fuͤr die er ſein Le- ben unter dieſen Ungluͤcksfaͤllen gern wuͤrde hingegeben haben.“
Er wird geſchlagen, und ſagt, wie Franz: „Alles ging verlohren, nur nicht die Ehre.“
„Je aͤlter man wird, je mehr uͤberredet man ſich, daß die heilige Majeſtaͤt, der Zufall, drei Viertheile dieſer elenden Welt regieret, und daß die, die ſich die Weiſeſten
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Demoſthenes den Athenienſern: wohl dann!
wenn Philippus todt iſt, was waͤre es, ihr
Athenienſer? Ihr wuͤrdet euch bald einen
andern Philippus machen. O Oeſtreicher,
euer Hochmuth, eure Sucht alles zu be-
herrſchen, wuͤrden euch bald andre Feinde
machen; der Freiheit Deutſchlands und
Europa's wird es nie an Vertheidigern
fehlen!“
Indeſſen betruͤbt ihn der Tod ſeiner
Schweſter aufs zarteſte, „fuͤr die er ſein Le-
ben unter dieſen Ungluͤcksfaͤllen gern wuͤrde
hingegeben haben.“
Er wird geſchlagen, und ſagt, wie
Franz: „Alles ging verlohren, nur nicht
die Ehre.“
„Je aͤlter man wird, je mehr uͤberredet
man ſich, daß die heilige Majeſtaͤt, der
Zufall, drei Viertheile dieſer elenden Welt
regieret, und daß die, die ſich die Weiſeſten
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/109>, abgerufen am 16.02.2025.
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