Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.Verschiedenheit ist unser kunstreiche Bau fähig! Seine ve- Und da der Mensch keine unabhängige Substanz ist, verar- a) Vorrede zu Buffons Allgem. Nat. Gesch. Th. 3.
Verſchiedenheit iſt unſer kunſtreiche Bau faͤhig! Seine ve- Und da der Menſch keine unabhaͤngige Subſtanz iſt, verar- a) Vorrede zu Buffons Allgem. Nat. Geſch. Th. 3.
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Verſchiedenheit iſt unſer kunſtreiche Bau faͤhig! Seine ve-
ſten Theile loͤſen ſich in ſo feine, vielfach verſchlungene Fi-
bern auf, daß ſie kein Auge verfolgen mag: dieſe werden
von einem Leim gebunden, deſſen zarte Miſchung aller be-
rechnenden Kunſt entweichet; und noch ſind dieſe Theile das
wenigſte, was wir an uns haben; ſie ſind nichts als Gefaͤſ-
ſe, Huͤllen und Traͤger des in viel groͤßerer Menge vorhan-
denen vielartigen, vielbegeiſterten Safts, durch den wir ge-
nießen und leben. „Kein Menſch, ſagt Haller a), iſt im
innern Bau dem andern ganz aͤhnlich: er unterſcheidet ſich im
Lauf ſeiner Nerven und Adern in Millionen von Millionen Faͤl-
len, daß man faſt nicht im Stande iſt, aus den Verſchiedenheiten
dieſer feinen Theile das auszufinden, worinn ſie uͤbereinkom-
men.“ Findet nun ſchon das Auge des Zergliederers dieſe
zahlloſe Verſchiedenheit; welche groͤßere muß in den unſicht-
baren Kraͤften einer ſo kuͤnſtlichen Organiſation wohnen! ſo
daß jeder Menſch zuletzt eine Welt wird, zwar eine aͤhnliche
Erſcheinung von auſſen; im Jnnern aber ein eignes Weſen,
mit jedem andern unausmeßbar.
Und da der Menſch keine unabhaͤngige Subſtanz iſt,
ſondern mit allen Elementen der Natur in Verbindung ſte-
het; er lebt vom Hauch der Luft, wie von den verſchieden-
ſten Kindern der Erde, den Speiſen und Getraͤnken: er
verar-
a) Vorrede zu Buffons Allgem. Nat. Geſch. Th. 3.
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