Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

also hat die Sonnenwärme ein Oel aus ihrem Jnnern ge-
kocht, das so weit hervortrat, als es konnte, das ihre Haut
erweichte und das Netz unter derselben färbte. Die mei-
sten Krankheiten dieses Erdstrichs sind Gallenartig; man
lese die Beschreibung derselbena) und die gelbe oder schwar-
ze Farbe wird uns physiologisch und pathologisch nicht frem-
de dünken.

4. Das Wollenhaar der Neger erläutert sich eben da-
her. Da die Haare nur vom feinen Saft der Haut leben
und sogar widernatürlich in der Fettigkeit sich erzeugen: so
krümmen sie sich nach der Menge ihres Nahrungssaftes und
sterben, wo dieser fehlet. Bei der gröbern Organisation
der Thiere wird also in Ländern, wo ihre Natur leidet, mit-
hin den zuströmenden Saft nicht verarbeiten kann, aus der
Wolle ein sträubiges Haar; die feinere Organisation des
Menschen, die für alle Klimate seyn sollte, konnte umge-
kehrt, durch den Ueberfluß dieses Oels, das die Haut feuch-
tet, das Haar zur Wolle verändern.

5. Ein mehreres aber als dies alles will die eigne Bil-
dung der Glieder des menschlichen Körpers sagen; und mich

dünkt
a) S. Schotts Observations on the Synochus atrabiliosa, im
Auszuge: Götting. Magaz. Jahr 3. St. 6. S. 729. u. f.

alſo hat die Sonnenwaͤrme ein Oel aus ihrem Jnnern ge-
kocht, das ſo weit hervortrat, als es konnte, das ihre Haut
erweichte und das Netz unter derſelben faͤrbte. Die mei-
ſten Krankheiten dieſes Erdſtrichs ſind Gallenartig; man
leſe die Beſchreibung derſelbena) und die gelbe oder ſchwar-
ze Farbe wird uns phyſiologiſch und pathologiſch nicht frem-
de duͤnken.

4. Das Wollenhaar der Neger erlaͤutert ſich eben da-
her. Da die Haare nur vom feinen Saft der Haut leben
und ſogar widernatuͤrlich in der Fettigkeit ſich erzeugen: ſo
kruͤmmen ſie ſich nach der Menge ihres Nahrungsſaftes und
ſterben, wo dieſer fehlet. Bei der groͤbern Organiſation
der Thiere wird alſo in Laͤndern, wo ihre Natur leidet, mit-
hin den zuſtroͤmenden Saft nicht verarbeiten kann, aus der
Wolle ein ſtraͤubiges Haar; die feinere Organiſation des
Menſchen, die fuͤr alle Klimate ſeyn ſollte, konnte umge-
kehrt, durch den Ueberfluß dieſes Oels, das die Haut feuch-
tet, das Haar zur Wolle veraͤndern.

5. Ein mehreres aber als dies alles will die eigne Bil-
dung der Glieder des menſchlichen Koͤrpers ſagen; und mich

duͤnkt
a) S. Schotts Obſervations on the Synochus atrabilioſa, im
Auszuge: Goͤtting. Magaz. Jahr 3. St. 6. S. 729. u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="44"/>
al&#x017F;o hat die Sonnenwa&#x0364;rme ein Oel aus ihrem Jnnern ge-<lb/>
kocht, das &#x017F;o weit hervortrat, als es konnte, das ihre Haut<lb/>
erweichte und das Netz unter der&#x017F;elben fa&#x0364;rbte. Die mei-<lb/>
&#x017F;ten Krankheiten die&#x017F;es Erd&#x017F;trichs &#x017F;ind Gallenartig; man<lb/>
le&#x017F;e die Be&#x017F;chreibung der&#x017F;elben<note place="foot" n="a)">S. <hi rendition="#fr">Schotts</hi> <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervations on the Synochus atrabilio&#x017F;a,</hi> im<lb/>
Auszuge: Go&#x0364;tting. Magaz. Jahr 3. St. 6. S. 729. u. f.</note> und die gelbe oder &#x017F;chwar-<lb/>
ze Farbe wird uns phy&#x017F;iologi&#x017F;ch und pathologi&#x017F;ch nicht frem-<lb/>
de du&#x0364;nken.</p><lb/>
          <p>4. Das Wollenhaar der Neger erla&#x0364;utert &#x017F;ich eben da-<lb/>
her. Da die Haare nur vom feinen Saft der Haut leben<lb/>
und &#x017F;ogar widernatu&#x0364;rlich in der Fettigkeit &#x017F;ich erzeugen: &#x017F;o<lb/>
kru&#x0364;mmen &#x017F;ie &#x017F;ich nach der Menge ihres Nahrungs&#x017F;aftes und<lb/>
&#x017F;terben, wo die&#x017F;er fehlet. Bei der gro&#x0364;bern Organi&#x017F;ation<lb/>
der Thiere wird al&#x017F;o in La&#x0364;ndern, wo ihre Natur leidet, mit-<lb/>
hin den zu&#x017F;tro&#x0364;menden Saft nicht verarbeiten kann, aus der<lb/>
Wolle ein &#x017F;tra&#x0364;ubiges Haar; die feinere Organi&#x017F;ation des<lb/>
Men&#x017F;chen, die fu&#x0364;r alle Klimate &#x017F;eyn &#x017F;ollte, konnte umge-<lb/>
kehrt, durch den Ueberfluß die&#x017F;es Oels, das die Haut feuch-<lb/>
tet, das Haar zur Wolle vera&#x0364;ndern.</p><lb/>
          <p>5. Ein mehreres aber als dies alles will die eigne Bil-<lb/>
dung der Glieder des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers &#x017F;agen; und mich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">du&#x0364;nkt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0056] alſo hat die Sonnenwaͤrme ein Oel aus ihrem Jnnern ge- kocht, das ſo weit hervortrat, als es konnte, das ihre Haut erweichte und das Netz unter derſelben faͤrbte. Die mei- ſten Krankheiten dieſes Erdſtrichs ſind Gallenartig; man leſe die Beſchreibung derſelben a) und die gelbe oder ſchwar- ze Farbe wird uns phyſiologiſch und pathologiſch nicht frem- de duͤnken. 4. Das Wollenhaar der Neger erlaͤutert ſich eben da- her. Da die Haare nur vom feinen Saft der Haut leben und ſogar widernatuͤrlich in der Fettigkeit ſich erzeugen: ſo kruͤmmen ſie ſich nach der Menge ihres Nahrungsſaftes und ſterben, wo dieſer fehlet. Bei der groͤbern Organiſation der Thiere wird alſo in Laͤndern, wo ihre Natur leidet, mit- hin den zuſtroͤmenden Saft nicht verarbeiten kann, aus der Wolle ein ſtraͤubiges Haar; die feinere Organiſation des Menſchen, die fuͤr alle Klimate ſeyn ſollte, konnte umge- kehrt, durch den Ueberfluß dieſes Oels, das die Haut feuch- tet, das Haar zur Wolle veraͤndern. 5. Ein mehreres aber als dies alles will die eigne Bil- dung der Glieder des menſchlichen Koͤrpers ſagen; und mich duͤnkt a) S. Schotts Obſervations on the Synochus atrabilioſa, im Auszuge: Goͤtting. Magaz. Jahr 3. St. 6. S. 729. u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/56
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/56>, abgerufen am 24.11.2024.