Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

gungen und Seelenkräfte, warum konntest du dich nicht dem
ganzen Erdball mittheilen?



Daß einige Tatarische Stämme ursprünglich zu den
schöngebildeten Völkern der Erde gehören und nur in den
Nordländern oder auf den Steppen verwildert sind, haben
wir bereits bemerket; beide Seiten des Kaspischen Meers
zeigen diese schönere Bildung. Die Usbeckerinnen werden
groß, wohlgebildet und angenehm beschriebena): sie ziehen
mit ihren Männern ins Gefecht: ihr Auge, sagt die Be-
schreibung, ist groß, schwarz und lebhaft, das Haar schwarz
und fein: die Bildung des Mannes hat Ansehen und eine
Art feiner Würde. Ein gleiches Lob wird den Buckharen ge-
geben und die Schönheit der Tsirkaßerinnen, der schwarzseid-
ne Faden ihres Augenbrans, ihr feuriges schwarzes Auge,
die glatte Stirn, der kleine Mund, das geründete Kinn sind
weit umher bekannt und gepriesenb). Man sollte glauben,
daß in diesen Gegenden die Zunge der Waage menschlicher
Bildung in der Mitte geschwebet und ihre Schaalen nach
Griechenland und Jndien öst- und westlich fortgebreitet habe.

Glück-
a) Allgem. Reisen Th. 7. S. 316. 18.
b) S. einige Gemälde bei le Brun; Voyages au Levant T. I.
Chap. X. n. 34-37.

gungen und Seelenkraͤfte, warum konnteſt du dich nicht dem
ganzen Erdball mittheilen?



Daß einige Tatariſche Staͤmme urſpruͤnglich zu den
ſchoͤngebildeten Voͤlkern der Erde gehoͤren und nur in den
Nordlaͤndern oder auf den Steppen verwildert ſind, haben
wir bereits bemerket; beide Seiten des Kaſpiſchen Meers
zeigen dieſe ſchoͤnere Bildung. Die Usbeckerinnen werden
groß, wohlgebildet und angenehm beſchriebena): ſie ziehen
mit ihren Maͤnnern ins Gefecht: ihr Auge, ſagt die Be-
ſchreibung, iſt groß, ſchwarz und lebhaft, das Haar ſchwarz
und fein: die Bildung des Mannes hat Anſehen und eine
Art feiner Wuͤrde. Ein gleiches Lob wird den Buckharen ge-
geben und die Schoͤnheit der Tſirkaßerinnen, der ſchwarzſeid-
ne Faden ihres Augenbrans, ihr feuriges ſchwarzes Auge,
die glatte Stirn, der kleine Mund, das geruͤndete Kinn ſind
weit umher bekannt und geprieſenb). Man ſollte glauben,
daß in dieſen Gegenden die Zunge der Waage menſchlicher
Bildung in der Mitte geſchwebet und ihre Schaalen nach
Griechenland und Jndien oͤſt- und weſtlich fortgebreitet habe.

Gluͤck-
a) Allgem. Reiſen Th. 7. S. 316. 18.
b) S. einige Gemaͤlde bei le Brun; Voyages au Levant T. I.
Chap. X. n. 34‒37.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0040" n="28"/>
gungen und Seelenkra&#x0364;fte, warum konnte&#x017F;t du dich nicht dem<lb/>
ganzen Erdball mittheilen?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Daß einige <hi rendition="#fr">Tatari&#x017F;che</hi> Sta&#x0364;mme ur&#x017F;pru&#x0364;nglich zu den<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ngebildeten Vo&#x0364;lkern der Erde geho&#x0364;ren und nur in den<lb/>
Nordla&#x0364;ndern oder auf den Steppen verwildert &#x017F;ind, haben<lb/>
wir bereits bemerket; beide Seiten des Ka&#x017F;pi&#x017F;chen Meers<lb/>
zeigen die&#x017F;e &#x017F;cho&#x0364;nere Bildung. Die Usbeckerinnen werden<lb/>
groß, wohlgebildet und angenehm be&#x017F;chrieben<note place="foot" n="a)">Allgem. Rei&#x017F;en Th. 7. S. 316. 18.</note>: &#x017F;ie ziehen<lb/>
mit ihren Ma&#x0364;nnern ins Gefecht: ihr Auge, &#x017F;agt die Be-<lb/>
&#x017F;chreibung, i&#x017F;t groß, &#x017F;chwarz und lebhaft, das Haar &#x017F;chwarz<lb/>
und fein: die Bildung des Mannes hat An&#x017F;ehen und eine<lb/>
Art feiner Wu&#x0364;rde. Ein gleiches Lob wird den Buckharen ge-<lb/>
geben und die Scho&#x0364;nheit der T&#x017F;irkaßerinnen, der &#x017F;chwarz&#x017F;eid-<lb/>
ne Faden ihres Augenbrans, ihr feuriges &#x017F;chwarzes Auge,<lb/>
die glatte Stirn, der kleine Mund, das geru&#x0364;ndete Kinn &#x017F;ind<lb/>
weit umher bekannt und geprie&#x017F;en<note place="foot" n="b)">S. einige Gema&#x0364;lde bei <hi rendition="#aq">le Brun; Voyages au Levant T. I.<lb/>
Chap. X. n. 34&#x2012;37.</hi></note>. Man &#x017F;ollte glauben,<lb/>
daß in die&#x017F;en Gegenden die Zunge der Waage men&#x017F;chlicher<lb/>
Bildung in der Mitte ge&#x017F;chwebet und ihre Schaalen nach<lb/>
Griechenland und Jndien o&#x0364;&#x017F;t- und we&#x017F;tlich fortgebreitet habe.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Glu&#x0364;ck-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0040] gungen und Seelenkraͤfte, warum konnteſt du dich nicht dem ganzen Erdball mittheilen? Daß einige Tatariſche Staͤmme urſpruͤnglich zu den ſchoͤngebildeten Voͤlkern der Erde gehoͤren und nur in den Nordlaͤndern oder auf den Steppen verwildert ſind, haben wir bereits bemerket; beide Seiten des Kaſpiſchen Meers zeigen dieſe ſchoͤnere Bildung. Die Usbeckerinnen werden groß, wohlgebildet und angenehm beſchrieben a): ſie ziehen mit ihren Maͤnnern ins Gefecht: ihr Auge, ſagt die Be- ſchreibung, iſt groß, ſchwarz und lebhaft, das Haar ſchwarz und fein: die Bildung des Mannes hat Anſehen und eine Art feiner Wuͤrde. Ein gleiches Lob wird den Buckharen ge- geben und die Schoͤnheit der Tſirkaßerinnen, der ſchwarzſeid- ne Faden ihres Augenbrans, ihr feuriges ſchwarzes Auge, die glatte Stirn, der kleine Mund, das geruͤndete Kinn ſind weit umher bekannt und geprieſen b). Man ſollte glauben, daß in dieſen Gegenden die Zunge der Waage menſchlicher Bildung in der Mitte geſchwebet und ihre Schaalen nach Griechenland und Jndien oͤſt- und weſtlich fortgebreitet habe. Gluͤck- a) Allgem. Reiſen Th. 7. S. 316. 18. b) S. einige Gemaͤlde bei le Brun; Voyages au Levant T. I. Chap. X. n. 34‒37.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/40
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/40>, abgerufen am 22.12.2024.