Freundlichkeit verwandelt. Und wie die Leibesgestalt, ist auch die ursprüngliche Gestalt ihres Geistes; ja sofern man sie ohne den Druck des Aberglaubens oder der Sklaverei be- trachtet, ihre Lebensweise. Mäßigkeit und Ruhe, ein sanf- tes Gefühl und eine stille Tiefe der Seele bezeichnen ihre Ar- beit und ihren Genuß, ihre Sittenlehre und Mythologie, ihre Künste und selbst ihre Duldsamkeit unter dem äußersten Joch der Menschheit. Glückliche Lämmer, warum konntet ihr nicht auf eurer Aue der Natur ungestört und sorglos weiden?
Die alten Perser waren ein häßliches Volk von den Gebürgen, wie noch ihre Reste, die Gauren, zeigena). Da aber schwerlich ein Land in Asien so vielen Einbrüchen ausgesetzt ist als Persien, und gerade unter dem Abhange wohlgebildeter Völker lag, so hat sich hier eine Bildung zu- sammengesetzt, die bei den edleren Persern Würde und
Schön-
a)Chardin Voyages en Perse Vol. III. Chap. XI. seq. Jn le Brun (Bruyns) Voyages en Perse T. I. Chap. 42. n. 86-88. stehen Perser, die man mit denen darauf folgenden Schwarzen n. 89. 90. den rohen Samojeden Chap. 2. n. 7. 8. dem wilden Süd-Neger n. 197. und dem sanften Benjanen n. 109. ver- gleichen mag.
Freundlichkeit verwandelt. Und wie die Leibesgeſtalt, iſt auch die urſpruͤngliche Geſtalt ihres Geiſtes; ja ſofern man ſie ohne den Druck des Aberglaubens oder der Sklaverei be- trachtet, ihre Lebensweiſe. Maͤßigkeit und Ruhe, ein ſanf- tes Gefuͤhl und eine ſtille Tiefe der Seele bezeichnen ihre Ar- beit und ihren Genuß, ihre Sittenlehre und Mythologie, ihre Kuͤnſte und ſelbſt ihre Duldſamkeit unter dem aͤußerſten Joch der Menſchheit. Gluͤckliche Laͤmmer, warum konntet ihr nicht auf eurer Aue der Natur ungeſtoͤrt und ſorglos weiden?
Die alten Perſer waren ein haͤßliches Volk von den Gebuͤrgen, wie noch ihre Reſte, die Gauren, zeigena). Da aber ſchwerlich ein Land in Aſien ſo vielen Einbruͤchen ausgeſetzt iſt als Perſien, und gerade unter dem Abhange wohlgebildeter Voͤlker lag, ſo hat ſich hier eine Bildung zu- ſammengeſetzt, die bei den edleren Perſern Wuͤrde und
Schoͤn-
a)Chardin Voyages en Perſe Vol. III. Chap. XI. ſeq. Jn le Brun (Bruyns) Voyages en Perſe T. I. Chap. 42. n. 86‒88. ſtehen Perſer, die man mit denen darauf folgenden Schwarzen n. 89. 90. den rohen Samojeden Chap. 2. n. 7. 8. dem wilden Suͤd-Neger n. 197. und dem ſanften Benjanen n. 109. ver- gleichen mag.
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Freundlichkeit verwandelt. Und wie die Leibesgeſtalt, iſt
auch die urſpruͤngliche Geſtalt ihres Geiſtes; ja ſofern man
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trachtet, ihre Lebensweiſe. Maͤßigkeit und Ruhe, ein ſanf-
tes Gefuͤhl und eine ſtille Tiefe der Seele bezeichnen ihre Ar-
beit und ihren Genuß, ihre Sittenlehre und Mythologie,
ihre Kuͤnſte und ſelbſt ihre Duldſamkeit unter dem aͤußerſten
Joch der Menſchheit. Gluͤckliche Laͤmmer, warum konntet
ihr nicht auf eurer Aue der Natur ungeſtoͤrt und ſorglos
weiden?
Die alten Perſer waren ein haͤßliches Volk von den
Gebuͤrgen, wie noch ihre Reſte, die Gauren, zeigen a).
Da aber ſchwerlich ein Land in Aſien ſo vielen Einbruͤchen
ausgeſetzt iſt als Perſien, und gerade unter dem Abhange
wohlgebildeter Voͤlker lag, ſo hat ſich hier eine Bildung zu-
ſammengeſetzt, die bei den edleren Perſern Wuͤrde und
Schoͤn-
a) Chardin Voyages en Perſe Vol. III. Chap. XI. ſeq. Jn le
Brun (Bruyns) Voyages en Perſe T. I. Chap. 42. n. 86‒88.
ſtehen Perſer, die man mit denen darauf folgenden Schwarzen
n. 89. 90. den rohen Samojeden Chap. 2. n. 7. 8. dem wilden
Suͤd-Neger n. 197. und dem ſanften Benjanen n. 109. ver-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/38>, abgerufen am 16.02.2025.
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