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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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und herabgeerbt worden: so gehn die Fäden dieser ihm ange-
bildeten Humanität aus allen Nationen und Weltenden nicht
nur in Einen Ursprung zusammen; sondern wenn das Men-
schengeschlecht, was es ist, werden sollte, musten sie sich gleich
vom Anfange an künstlich knüpfen. So wenig ein Kind
Jahre lang hingeworfen und sich selbst überlassen seyn kann,
ohne daß es untergehe oder entarte: so wenig konnte das
menschliche Geschlecht in seinem ersten keimenden Sproß sich
selbst überlassen werden. Menschen, die einmal gewohnt wa-
ren, wie Orang-Utangs zu leben, werden nie durch sich selbst
gegen sich selbst arbeiten und aus einer Sprachlosen, verhär-
teten Thierheit zur Menschheit übergehen lernen. Wollte die
Gottheit also, daß der Mensch Vernunft und Vorsicht übte:
so mußte sie sich seiner auch mit Vernunft und Vorsicht an-
nehmen. Erziehung, Kunst, Cultur war ihm vom ersten
Augenblick seines Daseyns an unentbehrlich; und so ist uns der
specifische Charakter der Menschheit selbst für die innere Wahr-
heit dieser ältesten Philosophie unsrer Geschichte Bürgea).

VII.
a) Wie nun aber die Elohim sich der Menschen angenommen d. i.
sie gelehrt, gewarnt, und unterrichtet haben? Wenn es nicht eben
so kühn ist, hierüber zu fragen, als zu antworten: so soll uns
an einem andern Ort die Tradition selbst darüber Aufschluß
geben.
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und herabgeerbt worden: ſo gehn die Faͤden dieſer ihm ange-
bildeten Humanitaͤt aus allen Nationen und Weltenden nicht
nur in Einen Urſprung zuſammen; ſondern wenn das Men-
ſchengeſchlecht, was es iſt, werden ſollte, muſten ſie ſich gleich
vom Anfange an kuͤnſtlich knuͤpfen. So wenig ein Kind
Jahre lang hingeworfen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſeyn kann,
ohne daß es untergehe oder entarte: ſo wenig konnte das
menſchliche Geſchlecht in ſeinem erſten keimenden Sproß ſich
ſelbſt uͤberlaſſen werden. Menſchen, die einmal gewohnt wa-
ren, wie Orang-Utangs zu leben, werden nie durch ſich ſelbſt
gegen ſich ſelbſt arbeiten und aus einer Sprachloſen, verhaͤr-
teten Thierheit zur Menſchheit uͤbergehen lernen. Wollte die
Gottheit alſo, daß der Menſch Vernunft und Vorſicht uͤbte:
ſo mußte ſie ſich ſeiner auch mit Vernunft und Vorſicht an-
nehmen. Erziehung, Kunſt, Cultur war ihm vom erſten
Augenblick ſeines Daſeyns an unentbehrlich; und ſo iſt uns der
ſpecifiſche Charakter der Menſchheit ſelbſt fuͤr die innere Wahr-
heit dieſer aͤlteſten Philoſophie unſrer Geſchichte Buͤrgea).

VII.
a) Wie nun aber die Elohim ſich der Menſchen angenommen d. i.
ſie gelehrt, gewarnt, und unterrichtet haben? Wenn es nicht eben
ſo kuͤhn iſt, hieruͤber zu fragen, als zu antworten: ſo ſoll uns
an einem andern Ort die Tradition ſelbſt daruͤber Aufſchluß
geben.
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[339/0351] und herabgeerbt worden: ſo gehn die Faͤden dieſer ihm ange- bildeten Humanitaͤt aus allen Nationen und Weltenden nicht nur in Einen Urſprung zuſammen; ſondern wenn das Men- ſchengeſchlecht, was es iſt, werden ſollte, muſten ſie ſich gleich vom Anfange an kuͤnſtlich knuͤpfen. So wenig ein Kind Jahre lang hingeworfen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſeyn kann, ohne daß es untergehe oder entarte: ſo wenig konnte das menſchliche Geſchlecht in ſeinem erſten keimenden Sproß ſich ſelbſt uͤberlaſſen werden. Menſchen, die einmal gewohnt wa- ren, wie Orang-Utangs zu leben, werden nie durch ſich ſelbſt gegen ſich ſelbſt arbeiten und aus einer Sprachloſen, verhaͤr- teten Thierheit zur Menſchheit uͤbergehen lernen. Wollte die Gottheit alſo, daß der Menſch Vernunft und Vorſicht uͤbte: ſo mußte ſie ſich ſeiner auch mit Vernunft und Vorſicht an- nehmen. Erziehung, Kunſt, Cultur war ihm vom erſten Augenblick ſeines Daſeyns an unentbehrlich; und ſo iſt uns der ſpecifiſche Charakter der Menſchheit ſelbſt fuͤr die innere Wahr- heit dieſer aͤlteſten Philoſophie unſrer Geſchichte Buͤrge a). VII. a) Wie nun aber die Elohim ſich der Menſchen angenommen d. i. ſie gelehrt, gewarnt, und unterrichtet haben? Wenn es nicht eben ſo kuͤhn iſt, hieruͤber zu fragen, als zu antworten: ſo ſoll uns an einem andern Ort die Tradition ſelbſt daruͤber Aufſchluß geben. U u 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/351>, abgerufen am 23.11.2024.