den ihm die Sage darbot. Der Jndier am Paropamisus, der Perser am Jmaus, der Jberier am Kaukasus war darun- ter begriffen und jeder war im Besitz, sein Paradies an den Theil der Bergstrecke zu legen, den ihm seine Tradition wieß. Unsre Sage indeß winkt eigentlich auf die älteste der Tradi- tionen: denn sie setzt ihr Paradies über Jndien und giebt die andern Strecken nur zur Zugabe. Wie nun? Wenn ein glückliches Thal wie Kaschmire, beinah im Mittelpunkt dieser Ströme gelegen, ringsum von Bergen ummauert, sowohl wegen seiner gesunden erquickenden Wasser, als wegen seiner reichen Fruchtbarkeit und Freiheit von wilden Thieren berühmt, ja noch bis jetzt wegen seines schönen Menschenstammes als das Paradies des Paradieses gepriesen; wenn ein solches der Ursitz unsres Geschlechts gewesen wäre? Doch der Verfolg wird zeigen, daß alle Nachspähungen dieser Art auf unsrer jetzigen Erde vergeblich sind; wir bemerken also die Gegend so unbestimmt, wie sie die Tradition bezeichnet und folgen dem Faden ihrer Erzählung weiter.
Von allen Wunderdingen und Abentheuergestalten, wo- mit die Sage des gesammten Asiens ihr Paradies der Urwelt reich besetzte, hat diese Tradition nichts als zwei Wunderbäu- me, eine sprechende Schlange und einen Cherub; die unzähl- bare Menge der andern sondert der Philosoph ab und auch
jene
den ihm die Sage darbot. Der Jndier am Paropamiſus, der Perſer am Jmaus, der Jberier am Kaukaſus war darun- ter begriffen und jeder war im Beſitz, ſein Paradies an den Theil der Bergſtrecke zu legen, den ihm ſeine Tradition wieß. Unſre Sage indeß winkt eigentlich auf die aͤlteſte der Tradi- tionen: denn ſie ſetzt ihr Paradies uͤber Jndien und giebt die andern Strecken nur zur Zugabe. Wie nun? Wenn ein gluͤckliches Thal wie Kaſchmire, beinah im Mittelpunkt dieſer Stroͤme gelegen, ringsum von Bergen ummauert, ſowohl wegen ſeiner geſunden erquickenden Waſſer, als wegen ſeiner reichen Fruchtbarkeit und Freiheit von wilden Thieren beruͤhmt, ja noch bis jetzt wegen ſeines ſchoͤnen Menſchenſtammes als das Paradies des Paradieſes geprieſen; wenn ein ſolches der Urſitz unſres Geſchlechts geweſen waͤre? Doch der Verfolg wird zeigen, daß alle Nachſpaͤhungen dieſer Art auf unſrer jetzigen Erde vergeblich ſind; wir bemerken alſo die Gegend ſo unbeſtimmt, wie ſie die Tradition bezeichnet und folgen dem Faden ihrer Erzaͤhlung weiter.
Von allen Wunderdingen und Abentheuergeſtalten, wo- mit die Sage des geſammten Aſiens ihr Paradies der Urwelt reich beſetzte, hat dieſe Tradition nichts als zwei Wunderbaͤu- me, eine ſprechende Schlange und einen Cherub; die unzaͤhl- bare Menge der andern ſondert der Philoſoph ab und auch
jene
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den ihm die Sage darbot. Der Jndier am Paropamiſus,
der Perſer am Jmaus, der Jberier am Kaukaſus war darun-
ter begriffen und jeder war im Beſitz, ſein Paradies an den
Theil der Bergſtrecke zu legen, den ihm ſeine Tradition wieß.
Unſre Sage indeß winkt eigentlich auf die aͤlteſte der Tradi-
tionen: denn ſie ſetzt ihr Paradies uͤber Jndien und giebt die
andern Strecken nur zur Zugabe. Wie nun? Wenn ein
gluͤckliches Thal wie Kaſchmire, beinah im Mittelpunkt dieſer
Stroͤme gelegen, ringsum von Bergen ummauert, ſowohl
wegen ſeiner geſunden erquickenden Waſſer, als wegen ſeiner
reichen Fruchtbarkeit und Freiheit von wilden Thieren beruͤhmt,
ja noch bis jetzt wegen ſeines ſchoͤnen Menſchenſtammes als
das Paradies des Paradieſes geprieſen; wenn ein ſolches der
Urſitz unſres Geſchlechts geweſen waͤre? Doch der Verfolg
wird zeigen, daß alle Nachſpaͤhungen dieſer Art auf unſrer
jetzigen Erde vergeblich ſind; wir bemerken alſo die Gegend
ſo unbeſtimmt, wie ſie die Tradition bezeichnet und folgen dem
Faden ihrer Erzaͤhlung weiter.
Von allen Wunderdingen und Abentheuergeſtalten, wo-
mit die Sage des geſammten Aſiens ihr Paradies der Urwelt
reich beſetzte, hat dieſe Tradition nichts als zwei Wunderbaͤu-
me, eine ſprechende Schlange und einen Cherub; die unzaͤhl-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/348>, abgerufen am 25.11.2024.
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