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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht ähnlich
wirket; sondern man auch bei der Besaamung der Pflanzen
Licht und Electricität bemerkt hat; so wird in dieser alten phi-
losophischen Kosmogonie nichts als das Licht der erste Wirker.
Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht,
das aus dem Jnnern dieser organischen Masse hervorbricht;
abermals der Erfahrung gleichförmig. Nicht die Stralen
der Sonne sinds, die allen Geschöpfen das Leben geben und
nähren; mit innerer Wärme ist alles geschwängert, auch der
Fels und das kalte Eisen hat solche in sich, ja nur nach dem
Maas dieses genetischen Feuers und seiner feinern Auswirkung
durch den mächtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die-
sem Maas ist ein Geschöpf lebendig, selbstempfindend und thä-
tig. Hier also ward die erste elementarische Flamme angefacht,
die kein speiender Vesuv, kein flammender Erdkörper sondern
die scheidende Kraft, der wärmende nährende Balsam der Na-
tur war, der alles allmälich in Bewegung setzte. Wie unwah-
rer und gröber drückt sich die phönicische Tradition aus, die
durch Donner und Blitz die Naturkräfte als schlafende Thiere
aufweckt; in diesem feinern System, das gewiß von Zeit zu
Zeit die Erfahrung mehr bestätigen wird, ist das Licht der
Ausbilder der Schöpfung.

Um

eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht aͤhnlich
wirket; ſondern man auch bei der Beſaamung der Pflanzen
Licht und Electricitaͤt bemerkt hat; ſo wird in dieſer alten phi-
loſophiſchen Kosmogonie nichts als das Licht der erſte Wirker.
Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht,
das aus dem Jnnern dieſer organiſchen Maſſe hervorbricht;
abermals der Erfahrung gleichfoͤrmig. Nicht die Stralen
der Sonne ſinds, die allen Geſchoͤpfen das Leben geben und
naͤhren; mit innerer Waͤrme iſt alles geſchwaͤngert, auch der
Fels und das kalte Eiſen hat ſolche in ſich, ja nur nach dem
Maas dieſes genetiſchen Feuers und ſeiner feinern Auswirkung
durch den maͤchtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die-
ſem Maas iſt ein Geſchoͤpf lebendig, ſelbſtempfindend und thaͤ-
tig. Hier alſo ward die erſte elementariſche Flamme angefacht,
die kein ſpeiender Veſuv, kein flammender Erdkoͤrper ſondern
die ſcheidende Kraft, der waͤrmende naͤhrende Balſam der Na-
tur war, der alles allmaͤlich in Bewegung ſetzte. Wie unwah-
rer und groͤber druͤckt ſich die phoͤniciſche Tradition aus, die
durch Donner und Blitz die Naturkraͤfte als ſchlafende Thiere
aufweckt; in dieſem feinern Syſtem, das gewiß von Zeit zu
Zeit die Erfahrung mehr beſtaͤtigen wird, iſt das Licht der
Ausbilder der Schoͤpfung.

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[316/0328] eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht aͤhnlich wirket; ſondern man auch bei der Beſaamung der Pflanzen Licht und Electricitaͤt bemerkt hat; ſo wird in dieſer alten phi- loſophiſchen Kosmogonie nichts als das Licht der erſte Wirker. Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht, das aus dem Jnnern dieſer organiſchen Maſſe hervorbricht; abermals der Erfahrung gleichfoͤrmig. Nicht die Stralen der Sonne ſinds, die allen Geſchoͤpfen das Leben geben und naͤhren; mit innerer Waͤrme iſt alles geſchwaͤngert, auch der Fels und das kalte Eiſen hat ſolche in ſich, ja nur nach dem Maas dieſes genetiſchen Feuers und ſeiner feinern Auswirkung durch den maͤchtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die- ſem Maas iſt ein Geſchoͤpf lebendig, ſelbſtempfindend und thaͤ- tig. Hier alſo ward die erſte elementariſche Flamme angefacht, die kein ſpeiender Veſuv, kein flammender Erdkoͤrper ſondern die ſcheidende Kraft, der waͤrmende naͤhrende Balſam der Na- tur war, der alles allmaͤlich in Bewegung ſetzte. Wie unwah- rer und groͤber druͤckt ſich die phoͤniciſche Tradition aus, die durch Donner und Blitz die Naturkraͤfte als ſchlafende Thiere aufweckt; in dieſem feinern Syſtem, das gewiß von Zeit zu Zeit die Erfahrung mehr beſtaͤtigen wird, iſt das Licht der Ausbilder der Schoͤpfung. Um

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/328>, abgerufen am 22.12.2024.