eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht ähnlich wirket; sondern man auch bei der Besaamung der Pflanzen Licht und Electricität bemerkt hat; so wird in dieser alten phi- losophischen Kosmogonie nichts als das Licht der erste Wirker. Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht, das aus dem Jnnern dieser organischen Masse hervorbricht; abermals der Erfahrung gleichförmig. Nicht die Stralen der Sonne sinds, die allen Geschöpfen das Leben geben und nähren; mit innerer Wärme ist alles geschwängert, auch der Fels und das kalte Eisen hat solche in sich, ja nur nach dem Maas dieses genetischen Feuers und seiner feinern Auswirkung durch den mächtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die- sem Maas ist ein Geschöpf lebendig, selbstempfindend und thä- tig. Hier also ward die erste elementarische Flamme angefacht, die kein speiender Vesuv, kein flammender Erdkörper sondern die scheidende Kraft, der wärmende nährende Balsam der Na- tur war, der alles allmälich in Bewegung setzte. Wie unwah- rer und gröber drückt sich die phönicische Tradition aus, die durch Donner und Blitz die Naturkräfte als schlafende Thiere aufweckt; in diesem feinern System, das gewiß von Zeit zu Zeit die Erfahrung mehr bestätigen wird, ist das Licht der Ausbilder der Schöpfung.
Um
eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht aͤhnlich wirket; ſondern man auch bei der Beſaamung der Pflanzen Licht und Electricitaͤt bemerkt hat; ſo wird in dieſer alten phi- loſophiſchen Kosmogonie nichts als das Licht der erſte Wirker. Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht, das aus dem Jnnern dieſer organiſchen Maſſe hervorbricht; abermals der Erfahrung gleichfoͤrmig. Nicht die Stralen der Sonne ſinds, die allen Geſchoͤpfen das Leben geben und naͤhren; mit innerer Waͤrme iſt alles geſchwaͤngert, auch der Fels und das kalte Eiſen hat ſolche in ſich, ja nur nach dem Maas dieſes genetiſchen Feuers und ſeiner feinern Auswirkung durch den maͤchtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die- ſem Maas iſt ein Geſchoͤpf lebendig, ſelbſtempfindend und thaͤ- tig. Hier alſo ward die erſte elementariſche Flamme angefacht, die kein ſpeiender Veſuv, kein flammender Erdkoͤrper ſondern die ſcheidende Kraft, der waͤrmende naͤhrende Balſam der Na- tur war, der alles allmaͤlich in Bewegung ſetzte. Wie unwah- rer und groͤber druͤckt ſich die phoͤniciſche Tradition aus, die durch Donner und Blitz die Naturkraͤfte als ſchlafende Thiere aufweckt; in dieſem feinern Syſtem, das gewiß von Zeit zu Zeit die Erfahrung mehr beſtaͤtigen wird, iſt das Licht der Ausbilder der Schoͤpfung.
Um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0328"n="316"/>
eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht aͤhnlich<lb/>
wirket; ſondern man auch bei der Beſaamung der Pflanzen<lb/>
Licht und Electricitaͤt bemerkt hat; ſo wird in dieſer alten phi-<lb/>
loſophiſchen Kosmogonie nichts als das Licht der erſte Wirker.<lb/>
Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht,<lb/>
das aus dem Jnnern dieſer organiſchen Maſſe hervorbricht;<lb/>
abermals der Erfahrung gleichfoͤrmig. Nicht die Stralen<lb/>
der Sonne ſinds, die allen Geſchoͤpfen das Leben geben und<lb/>
naͤhren; mit innerer Waͤrme iſt alles geſchwaͤngert, auch der<lb/>
Fels und das kalte Eiſen hat ſolche in ſich, ja nur nach dem<lb/>
Maas dieſes genetiſchen Feuers und ſeiner feinern Auswirkung<lb/>
durch den maͤchtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die-<lb/>ſem Maas iſt ein Geſchoͤpf lebendig, ſelbſtempfindend und thaͤ-<lb/>
tig. Hier alſo ward die erſte elementariſche Flamme angefacht,<lb/>
die kein ſpeiender Veſuv, kein flammender Erdkoͤrper ſondern<lb/>
die ſcheidende Kraft, der waͤrmende naͤhrende Balſam der Na-<lb/>
tur war, der alles allmaͤlich in Bewegung ſetzte. Wie unwah-<lb/>
rer und groͤber druͤckt ſich die phoͤniciſche Tradition aus, die<lb/>
durch Donner und Blitz die Naturkraͤfte als ſchlafende Thiere<lb/>
aufweckt; in dieſem feinern Syſtem, das gewiß von Zeit zu<lb/>
Zeit die Erfahrung mehr beſtaͤtigen wird, iſt das Licht der<lb/>
Ausbilder der Schoͤpfung.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Um</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[316/0328]
eine ausdehnende, reizende, belebende Kraft dem Licht aͤhnlich
wirket; ſondern man auch bei der Beſaamung der Pflanzen
Licht und Electricitaͤt bemerkt hat; ſo wird in dieſer alten phi-
loſophiſchen Kosmogonie nichts als das Licht der erſte Wirker.
Und zwar kein Licht, das aus der Sonne kommt; ein Licht,
das aus dem Jnnern dieſer organiſchen Maſſe hervorbricht;
abermals der Erfahrung gleichfoͤrmig. Nicht die Stralen
der Sonne ſinds, die allen Geſchoͤpfen das Leben geben und
naͤhren; mit innerer Waͤrme iſt alles geſchwaͤngert, auch der
Fels und das kalte Eiſen hat ſolche in ſich, ja nur nach dem
Maas dieſes genetiſchen Feuers und ſeiner feinern Auswirkung
durch den maͤchtigen Kreislauf innerer Bewegung, nur in die-
ſem Maas iſt ein Geſchoͤpf lebendig, ſelbſtempfindend und thaͤ-
tig. Hier alſo ward die erſte elementariſche Flamme angefacht,
die kein ſpeiender Veſuv, kein flammender Erdkoͤrper ſondern
die ſcheidende Kraft, der waͤrmende naͤhrende Balſam der Na-
tur war, der alles allmaͤlich in Bewegung ſetzte. Wie unwah-
rer und groͤber druͤckt ſich die phoͤniciſche Tradition aus, die
durch Donner und Blitz die Naturkraͤfte als ſchlafende Thiere
aufweckt; in dieſem feinern Syſtem, das gewiß von Zeit zu
Zeit die Erfahrung mehr beſtaͤtigen wird, iſt das Licht der
Ausbilder der Schoͤpfung.
Um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/328>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.