Granit, der innere Kern unsres Planeten, zeigt soweit wir ihn kennen, keine Spur von untergegangenen organischen Wesen; weder daß er solche in sich enthielte, noch daß seine Bestand- theile dieselben voraussetzten. Wahrscheinlich ragte er in sei- nen höchsten Spitzen über die Wasser der Schöpfung empor, da sich auf denselben keine Spur einer Meerwirkung findet; auf diesen nackten Höhen aber konnte ein menschliches Geschöpf so wenig athmen, als sich nähren. Die Luft, die diesen Klum- pen umgab, war von Wasser und Feuer noch nicht gesondert: beschwängert mit den mancherlei Materien, die sich erst in viel- fältigen Verbindungen und Perioden an die Grundlage der Erde setzten und ihr allgemach Form gaben, konnte sie dem feinsten Erdgeschöpf seinen Lebensathem so wenig erhalten, als geben. Wo also zuerst lebendiges Gebilde entstand, war im Wasser; und es entstand mit der Gewalt einer schaffenden Urkraft, die noch nirgend anders wirken konnte und sich also zuerst in der unendlichen Menge von Schalenthieren, dem Ein- zigen, was in diesem schwangern Meer leben konnte, organi- sirte. Bei fortgehender Ausbildung der Erde fanden sie häu- fig ihren Untergang und ihre zerstörten Theile wurden die Grund- lage zu feinern Organisationen. Je mehr der Urfels vom Wasser befreit und mit Absätzen desselben d. i. der mit ihm verbundnen Elemente und Organisationen befruchtet wurde: desto mehr eilte die Pflanzenschöpfung der Schöpfung des Was-
sers
Jdeen,II.Th. N n
Granit, der innere Kern unſres Planeten, zeigt ſoweit wir ihn kennen, keine Spur von untergegangenen organiſchen Weſen; weder daß er ſolche in ſich enthielte, noch daß ſeine Beſtand- theile dieſelben vorausſetzten. Wahrſcheinlich ragte er in ſei- nen hoͤchſten Spitzen uͤber die Waſſer der Schoͤpfung empor, da ſich auf denſelben keine Spur einer Meerwirkung findet; auf dieſen nackten Hoͤhen aber konnte ein menſchliches Geſchoͤpf ſo wenig athmen, als ſich naͤhren. Die Luft, die dieſen Klum- pen umgab, war von Waſſer und Feuer noch nicht geſondert: beſchwaͤngert mit den mancherlei Materien, die ſich erſt in viel- faͤltigen Verbindungen und Perioden an die Grundlage der Erde ſetzten und ihr allgemach Form gaben, konnte ſie dem feinſten Erdgeſchoͤpf ſeinen Lebensathem ſo wenig erhalten, als geben. Wo alſo zuerſt lebendiges Gebilde entſtand, war im Waſſer; und es entſtand mit der Gewalt einer ſchaffenden Urkraft, die noch nirgend anders wirken konnte und ſich alſo zuerſt in der unendlichen Menge von Schalenthieren, dem Ein- zigen, was in dieſem ſchwangern Meer leben konnte, organi- ſirte. Bei fortgehender Ausbildung der Erde fanden ſie haͤu- fig ihren Untergang und ihre zerſtoͤrten Theile wurden die Grund- lage zu feinern Organiſationen. Je mehr der Urfels vom Waſſer befreit und mit Abſaͤtzen deſſelben d. i. der mit ihm verbundnen Elemente und Organiſationen befruchtet wurde: deſto mehr eilte die Pflanzenſchoͤpfung der Schoͤpfung des Waſ-
ſers
Jdeen,II.Th. N n
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Granit, der innere Kern unſres Planeten, zeigt ſoweit wir ihn
kennen, keine Spur von untergegangenen organiſchen Weſen;
weder daß er ſolche in ſich enthielte, noch daß ſeine Beſtand-
theile dieſelben vorausſetzten. Wahrſcheinlich ragte er in ſei-
nen hoͤchſten Spitzen uͤber die Waſſer der Schoͤpfung empor,
da ſich auf denſelben keine Spur einer Meerwirkung findet;
auf dieſen nackten Hoͤhen aber konnte ein menſchliches Geſchoͤpf
ſo wenig athmen, als ſich naͤhren. Die Luft, die dieſen Klum-
pen umgab, war von Waſſer und Feuer noch nicht geſondert:
beſchwaͤngert mit den mancherlei Materien, die ſich erſt in viel-
faͤltigen Verbindungen und Perioden an die Grundlage der
Erde ſetzten und ihr allgemach Form gaben, konnte ſie dem
feinſten Erdgeſchoͤpf ſeinen Lebensathem ſo wenig erhalten, als
geben. Wo alſo zuerſt lebendiges Gebilde entſtand, war im
Waſſer; und es entſtand mit der Gewalt einer ſchaffenden
Urkraft, die noch nirgend anders wirken konnte und ſich alſo
zuerſt in der unendlichen Menge von Schalenthieren, dem Ein-
zigen, was in dieſem ſchwangern Meer leben konnte, organi-
ſirte. Bei fortgehender Ausbildung der Erde fanden ſie haͤu-
fig ihren Untergang und ihre zerſtoͤrten Theile wurden die Grund-
lage zu feinern Organiſationen. Je mehr der Urfels vom
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/293>, abgerufen am 24.11.2024.
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